Dienstag, 20. Dezember 2011

Solidarität mit dem Streik bei Pflegen und Wohnen!

Warum der Kampf für einen Tarifvertrag uns alle angeht.
Pflegen und Wohnen ist der größte private Altenheimbetreiber in Hamburg mit zwölf Einrichtungen und 1700 Beschäftigten. 2007 wurden die ehemals staatlichen Altenheime genau wie die Krankenhäuser privatisiert. Seitdem haben sich die Arbeitsbedingungen massiv verschlechtert. Zu wenige Pflegekräfte müssen zu viele alte Menschen versorgen. Die Pflege erinnert an Fließbandarbeit nach Stoppuhr, eine menschenwürdige Betreuung bleibt dabei auf der Strecke.
Eigentümer von Pflegen und Wohnen sind Andreas Franke über die Andreas Franke Holding und Nikolai Burkart als Hauptgesellschafter der Vitanas Altenheimkette. Damit diese beiden Herren mehr Profite machen, sollen 1700 menschen weniger Lohn bekommen. Deswegen haben sie zum 30.6.2011 den laufenden Tarifvertrag kündigen lassen und deswegen verkünden sie, dass ein Familienunternehmen auch keine Tarifverträge braucht.
Die Kolleginnen und Kollegen lassen sich das zum Glück nicht gefallen. Nach vier Warnstreiks wird es am 20.12. den letzten Warnstreik geben und eine Urabstimmung ab Januar in den unbefristeten Streik zu treten. Von den BewohnerInnen der Altenheime und ihren Angehörigen gibt es eine große Unterstützung für die Streikenden. Allen ist klar, dass wenn jetzt nichts passiert, die Zustände in der Zukunft noch unterträglicher werden.
Solitransparent mit Unterschriften, Altona 17.12.
Als Lohnabhängige gilt für uns Alle:
Die Arbeitgeber drehen an einer Spirale nach unten. Löhne und Arbeitsbedingungen werden überall verschlechtert. Es heißt, man müsse konkurrenzfähig sein, andere seien noch billiger. Die KollegInnen bei Pflegen und Wohnen helfen mit ihrem Kampf dabei, diese Spirale zu stoppen! Deshalb verdienen sie die Unterstützung der ganzen Bevölkerung. Ihr Erfolg würde die Ausganssituation verbessern, auch in anderen Betrieben Tarifverträge durchzusetzen, Mindestlöhne zu erkämpfen etc. Sie zeigen, dass Widerstand möglich ist.

Samstag, 17. Dezember 2011

Massaker bei Protesten in Kasachstan


Polizei erschießt bei Platzbesetzung und Demonstration gegen Ausbeutung und Diktatur viele Menschen, Hunderte verletzt – internationale Solidarität und Protest notwendig
Seit Mai streiken ArbeiterInnen der Ölfirma UzenMunaiGas in Schanaösen in Westkasachstan für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen. Von Anfang an setzten das Unternehmen, das mehrheitlich dem Schwiegersohn des kasachischen Diktators Nasarbajew gehört, und das Regime selbst massive Repression gegen die Streikenden ein. Der Streik wurde für illegal erklärt, die Anwältin der Gewerkschaft verhaftet und zu mehreren Jahren Knast verurteilt und alle Streikenden gefeuert. Ein Gewerkschafter und die Tochter eines anderen Aktivisten wurden ermordet. Aber die ArbeiterInnen und ihre Familien ließen sich nicht einschüchtern. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, besetzten sie seit Juli den Yntymak-Platz im Zentrum von Schanaösen.
Gestern morgen, am 16.12., stürmte die Polizei den Platz, um ihn für die Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag zu räumen. Als die BesetzerInnen versuchten, sich zu verteidigen wurde mit scharfer Munition in die unbewaffnete Menge geschossen. Die Polizei richtete ein Massaker an, bei dem bis zu 70 Menschen starben. Hunderte wurden verletzt. Als Reaktion auf das neue Ausmaß der Polizeigewalt wurden das Rathaus und die Zentrale von UzenMunaiGas niedergebrannt. Das Regime riegelte Schanaösen komplett ab und marschierte mit Panzern und Marinesoldaten in die Stadt ein, der Strom wurde abgestellt und Hubschrauber fliegen Patrouille. Das Handynetz funktioniert nicht und oppositionelle Websites, ausländische Nachrichtenseiten, soziale Netzwerke und Twitter sind landesweit gesperrt, so dass nur wenige Informationen nach außen dringen. Trotzdem ist es dem Regime nicht gelungen, die Ereignisse in Schanaösen vollkommen geheim zu halten. Die Staatsanwaltschaft behauptet, dass bei „Ausschreitungen“ von „Hooligans“ 10 Menschen gestorben seien und dass die Polizei nicht geschossen habe. Leider werden diese Lügen von einigen bürgerlichen Medien international verbreitet.

Diktatur
Das Unternehmen KazMunaiGas (Mutterkonzern von UzenMunaiGas) ist formal staatlich, gehört aber faktisch Timur Kulibaev, einem Schwiegersohn des Diktators Nursultan Nasarbajew, der Kasachstan seit 20 Jahren regiert und das Land als Privatbesitz seiner Familie behandelt. Nasarbajew hat sich im letzten Jahr zum „Führer der Nation“ ernannt. Bei einer selbst für kasachische Verhältnisse ungewöhnlich stark manipulierten Wahl im Frühjahr 2011 ließ er sich „wiederwählen“, zu den Parlamentswahlen im kommenden Januar dürfen Oppositionsparteien nicht antreten. Oppositionellen droht mehrjährige Haft in Gefängnissen und Strafkolonien. Wegen der Haftbedingungen dort schneiden sich immer wieder Gefangene aus Protest die Bäuche auf. Zur Einschüchterung verhaftet das Regime häufig AktivistInnen und hält sie für zwei Wochen gefangen, vor angekündigten Protesten gibt es regelmäßig „präventive“ Verhaftungen.

Widerstand
Seit einigen Jahren wächst der Widerstand gegen die Unterdrückung und die neoliberale Wirtschafts- und Sozialpolitik Nasarbajews. Die Initiative „Verteidigt die Häuser der Menschen“ kämpft mit Demos, Blockaden und Rechtshilfe gegen Wohnungspfändungen, die Jugendbewegung „Unser Recht“ fordert gebührenfreie Bildung und die unabhängige Gewerkschaft „Zhanartu“ will ArbeiterInnen landesweit organisieren und Arbeitskämpfe vernetzen. Diese und weitere Gruppen, die sich zur Sozialistischen Bewegung Kasachstans zusammengeschlossen haben, sind offiziell nicht verboten, aber ständig mit Repression konfrontiert. „Zhanartu“ wird nicht als Gewerkschaft anerkannt und das Regime versucht, die Vorsitzenden der Gewerkschaft und der Sozialistischen Bewegung wegen erfundener Straftaten hinter Gitter zu bringen.
Der Streik der ÖlarbeiterInnen in Schanaösen und der Nachbarstadt Karazhanbas ist der längste und entschlossenste Arbeitskampf der letzten 20 Jahre in der ehemaligen Sowjetunion. Nachdem sie Anfangs nur für höhere Löhne und Zulagen für die gefährliche Arbeit in der Wüstenregion gestreikt hatten, haben sie nach ihren Erfahrungen mit dem Regime die Forderungen erweitert. Sie verlangen die Freilassung ihrer Anwältin Natalia Sokolova und das Recht, sich frei gewerkschaftlich zu organisieren. Im November führten KazMunaiGas und das Regime Verhandlungen mit den Streikenden, boten aber nicht einmal die Wiedereinstellung der während des Streiks entlassenen an. Daher wurden die Verhandlungen abgebrochen und die Streikenden beschlossen einen Aktionstag am 16.12., zu dem breit mobilisiert wurde. Jetzt geht es nicht mehr nur um gewerkschaftliche Forderungen, sondern um Demokratie und soziale Gerechtigkeit für die ganze Bevölkerung, wie der Aufruf zum Aktionstag zeigt:
Wir verlangen:
  • Eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, höhere Löhne, Renten und Zulagen und die Einführung von Orts- und Gefahrenzuschlägen, nicht nur für die ÖlarbeiterInnen, sondern für alle in der Region Mangystau. [Westkasachstan]
  • Eine unabhängige Untersuchung mit anschließender Bestrafung und Entlassung der Bürokraten und Unternehmer, deren Handeln zu […] Übergriffen von Polizei und Banditen, Körperverletzung und den brutalen Morden an Streikenden und Familienmitgliedern geführt haben.
  • Die Verstaatlichung (Rückgabe an die Bevölkerung durch Staatseigentum unter Kontrolle der ArbeiterInnen) aller Unternehmen im Öl- und Gassektor und im Bergbau
Wir alle brauchen jetzt unabhängige Gewerkschaften und unsere eigene politische Partei, die uns verteidigt und nicht die Millionäre und Unternehmer!“

Diese Forderungen sind eine Bedrohung für Nasarbajew, der seine Herrschaft mit allen Mitteln verteidigen lässt – auch mit Massenmord. Am Wochenende und in den kommenden Tagen finden in Kasachstan und weltweit Aktionen gegen sein Regime statt. Internationale Solidarität ist notwendig, um die Wahrheit über das Massaker zu verbreiten und Druck auf das Regime auszuüben.

Deshalb schreibt Protestmails an:

Solidaritätsbotschaften bitte an Otekeeva0103@mail.ru, mit Kopie an kazakhstansolidarity@gmail.com

Aktuelle Informationen gibt es auf folgenden Websites:
http://socialistworld.ru (Ticker auf russisch)