Sonntag, 19. August 2012

Infotisch und Unterschriftensammlung auf dem Wohlwill-/Brigittenstraßenfest gegen das Polizei-Massaker an Streikenden in Südafrika


Am Samstag den 18.08. haben wir einen Info- und Flohmarktstand auf dem jährlichen unkommerziellen Wohlwill-/Brigittenstraßenfest gemacht. Aus gegebenem Anlass wurde dieser durch eine kleine Soli-Aktion für die Streikenden in Südafrika ergänzt, da am 16. August mindestens 46 streikende Bergarbeiter in Südafrika bei einem unvergleichlichen Massaker durch die Polizei ermordet wurden (Erklärung der Democratic Socialist Movement der Schwesterorganisation der SAV in Südafrika siehe unterer Blogeintrag).

In kürzester Zeit konnten wir unser Transpi mit der Aufschrift „stop the killing“ mit Solidaritäts-Unterschriften für die Streikenden füllen und 200 Flyer an Festbesucher verteilen. Das Transpi soll in den nächsten Tagen an das Südafrikanische Konsulat in Hamburg gehängt werden um Ihnen zu zeigen, dass auch Menschen in Hamburg von dem Massaker mitbekommen haben und dagegen protestieren!

Unter: http://www.sozialismus.info/?sid=4975 findet ihr einen Modellbrief für Protestbriefe an die südafrikanische Botschaft in Deutschland und an den Lonmin-Konzern.

Freitag, 17. August 2012

Massaker in Südafrika: Solidarität mit den BergarbeiterInnen bei Lonmin!


nach einer Erklärung der Democratic Socialist Movement (DSM, CWI Südafrika)

Am 16. August wurden mindestens 46 ArbeiterInnen erschossen und viele weitere verletzt, als die Polizei mit einem massiven Einsatz versuchte, den Streik tausender ArbeiterInnen in der Lonmin-Platinmine in Marikana bei Rustenburg niederzuschlagen. Sechs ihrer KollegInnen waren bereits bei früheren Zusammenstößen während des seit dem 10.8. laufenden Streiks getötet worden. Zwei Polizisten und zwei Wachleute der Mine kamen in der fast bürgerkriegsartigen Situation ebenfalls ums Leben.
Offensichtlich wollen die Bosse von Lonmin mit Unterstützung der gesamten Wirtschaftselite und ihrer Diener in der vom ANC (Afrikanischen Nationalkongress) geführten Regierung, Polizei und Armee die Ordnung wiederherstellen – koste es was es wolle.

Hintergrund
Tausende Beschäftigte bei Lonmin, dem drittgrößten Platinproduzenten der Welt, traten am 10. August für die Erhöhung ihres Hungerlohns von 4000 Rand (390 Euro) auf 12500 Rand (1220 Euro) in den Streik. Der Streik wurde von der Gewerkschaft AMCU initiiert, einer Abspaltung von der vorherrschenden Bergarbeitergewerkschaft NUM. Anscheinend wurde der Streik, an dem sich zehntausende ArbeiterInnen beteiligten, nicht nur von den berüchtigt brutalen Wachleuten der Mine angegriffen sondern auch von der NUM, die versuchte ArbeiterInnen zum Streikbruch zu zwingen.
Das führte zu falschen Vergeltungsaktionen. Am Samstag wurde ein Auto angezündet, wobei zwei Wachleute ums Leben kamen, am Montag wurden zwei Polizisten getötet. Dadurch bekam die Regierung einen Vorwand um „Recht und Ordnung“ – und die schnell fallenden Aktienkurse von Lonmin – durch ein im Voraus geplantes Massaker zu retten.
In den letzten Tagen wurde eine Schlacht vorbereitet. Lonmin sagte für den 15. geplante Verhandlungen ab und erklärte, die Angelegenheit liege „in den Händen der Polizei“. Weil sie die ArbeiterInnen nicht mehr über die NUM-Führung unter Kontrolle halten konnten haben sich die Bosse für brutale Gewalt entschieden. Indem sie diesen Aufstand im Blut ertränken können sie diese Schlacht gewinnen, aber nicht den Krieg der sich seit Jahren in den Platinminen von Rustenburg entwickelt. Wegen der Weltwirtschaftskrise ist der Preis für Platin drastisch gefallen und die Bosse versuchen verzweifelt, die Verluste auf die ArbeiterInnen abzuwälzen. Daher haben sie beschlossen den Streikenden keinerlei Zugeständnisse zu machen.
Die Region Rustenburg ist die weltweit größte Lagerstätte für Platinerz. Durch die Schließung einiger Bergwerke wird zehntausenden ArbeiterInnen bewusst, dass Widerstand dringend notwendig ist. Dabei wenden sich immer mehr von ihnen von der NUM ab, die früher zu den aktivsten Gewerkschaften in Südafrika zählte, heute aber mit den Bergbauunternehmen, Investmentfonds und der kapitalistischen ANC-Regierung kooperiert. Sie ist so sehr diskreditiert, dass ihre Führer nur unter dem Schutz von Bodyguards mit Schusswaffen und gepanzerten Polizeifahrzeugen zu ArbeiterInnen sprechen können. Auf der Suche nach einer Alternative sind viele ArbeiterInnen in die AMCU eingetreten, während die NUM mit Unterstützung der Unternehmer ihr Revier verteidigt.

Vorschläge der DSM
Die DSM ruft ArbeiterInnen in beiden Gewerkschaften zu gemeinsamen Solidaritätsaktionen auf, beginnend mit einem regionalen Generalstreik unter Beteiligung aller Platinminen und der bitterarmen Arbeiter-Wohngebiete. Wir schlagen auch einen landesweiten Generalstreik vor, um die Schüsse auf Streikende zu stoppen, sowie eine Kampagne zur Verstaatlichung der Minen unter Kontrolle und Verwaltung der ArbeiterInnen.

Dienstag, 14. August 2012

…deshalb bleiben die Küchen heute kalt


Warnstreik an stadteigenen Kitas


Am 8. August folgten rund 200 der 750 bei der Vereinigung Kita Servicegesellschaft mbH (VKSG) angestellten MitarbeiterInnen dem Aufruf ver.dis zum Warnstreik. Die Streikenden gehören einer Servicegesellschaft an, die 2005 vom größten Hamburger Kita-Träger, der städtischen Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten mit 178 Einrichtungen, ausgegliedert wurde. Unter Androhung von Kündigung mussten die betroffenen Hauswirtschafterinnen neue Arbeitsverträge unterschreiben, welche sie vom Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes ausschlossen und so deutlich schlechter stellten als ihre KollegInnen. Die Mehrheit der ausgegliederten Angestellten musste laut ver.di Hartz IV zur Aufstockung beantragen oder einen Nebenjob annehmen. Innerhalb der neuen Tochtergesellschaft gibt es Gehaltsunterschiede von durchschnittlich 30 Prozent, im pädagogischen Bereich anfallende Zusatzleistungen, welche täglich mehrfach geleistet werden, bleiben unbezahlt. Die Arbeitsbedingungen dieser 750 Kita-MitarbeiterInnen sind damit deutlich schlechter als beispielsweise beim privaten Träger AWO. Ein Mitarbeiter berichtete von einem Gehaltsverlust von nahezu 1000 Euro im Zuge der Vertragsänderung, eine Wäscherin erzählte, dass sie für eine 30-Stunden-Woche nun noch 900 Euro netto monatlich bekommt und ihr jetziges Brutto-Gehalt ihrem früheren Netto-Gehalt entspricht. Die städtische Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten ist tatsächlich der einzige größere Träger, der die Hauswirtschaftskräfte ausgegliedert hat und ihnen keinen an den öffentlichen Dienst angelehnten Tarif bezahlt. Während die KollegInnen der Hauswirtschaft versuchen sich mit Zweit- oder Drittjobs über Wasser zu halten, spart sich die Vereinigung laut eigener Aussage jedes Jahr 3,2 Millionen Euro Lohnkosten durch diese Praxis.

Bemerkenswert war am Mittwoch, dass knapp die Hälfte der Streikenden keine Gewerkschaftsmitglieder waren. Wie eine Streikende erzählt, gab es eine Anzahl an Austritten aus der Gewerkschaft, nachdem ver.di die Vertragsänderungen 2005 widerstandslos hingenommen hatte. Im Zuge des jetzigen Warnstreiks überlegen jedoch einige, wieder bei ver.di einzutreten.

Abhängig wird das wohl auch davon sein, was die Tarifverhandlungen bringen, die am 9. August nach mehrmaligen Verweigerungen seitens der Geschäftsführung wieder aufgenommen werden. Ziel der Streikenden ist ein Tariflohn wie im öffentlichen Dienst. Ob es eine länger andauernde Welle von Streiks geben wird ist noch unklar. Einem Mitglied der Streikleitung zufolge ist bei weiteren Streiks mit zunehmender Teilnahme zu rechnen. Viele KollegInnen in der Hauswirtschaft sind erst mal unsicher, ob sie mitstreiken können, obwohl sie keine Gewerkschaftsmitglieder sind. Die Angestellten berichteten aber auch von der großen Solidarität, die sie von ihren KollegInnen und den Eltern der Kinder erfahren.

Dass es keine Gleichbezahlung innerhalb des Tarifvertrags im öffentlichen Dienst, wie sie ver.di vom Arbeitgeberverband AKH fordert, geben wird, stellte Kantja Nienaber, kaufmännische Geschäftsführerin der VKSG, jedoch schon am Mittwoch vor allen Angestellten klar. Nach ihrer Aussage sind die Forderungen der Streikenden „unrealistisch und nicht finanzierbar“. Ihr zufolge zahle die VKSG bereits mehr als den branchenüblichen Tarif für „Gebäudereiniger und Caterer“. Mehr wollte sie den Angestellten „um die Spannung zu halten“ am Mittwoch nicht sagen. Hört man von den Leistungen, die die Angestellten täglich neben ihrer Arbeit als Bezugspersonen für Kinder und Eltern erbringen, ist diese Aussage ein guter Beweis dafür, dass die Geschäftsleistung die Situation in den Kitas ganz offensichtlich nicht richtig nachvollziehen will. Am Donnerstag stellte sich dann heraus, dass das Angebot der Geschäftsführerin den Beschäftigten ganze 33€ mehr im Monat vorsieht (entspricht 300.000 von den 3,2 Millionen eingesparten Lohnkosten), Ver.di war das zurecht viel zu wenig.

Die Situation in den Hamburger Kitas ist angespannt. Der Betreuungsschlüssel ErzieherIn pro Kind liegt real bei etwas 1:7, was mehr als doppelt so hoch ist wie zum Beispiel bei Kitas in Baden-Württemberg. Laut der AOK ist der Krankenstand von Kita-ErzieherInnen der höchste im Vergleich zu allen anderen Branchen in Hamburg. Seit Jahren werden über die Kita-Pauschale, das Geld, das der Träger pro Kind bekommt, die realen Lohnkosten nicht abgedeckt. In den nächsten Jahren fehlen mindestens 1500-2000 ErzieherInnen um den Betrieb bei steigender Kinderzahl aufrechtzuerhalten. In dieser Situation hat der Senat angekündigt weitere 11 Millionen Euro pro Jahr einzusparen, indem die Lohnerhöhungen von der Tarifrunde im öffentlichen Dienst nicht in die Kita-Pauschale eingehen werden. Die Träger bekommen eine nur um 0,88% angehobene Pauschale, die damit noch nicht mal die steigenden Betriebskosten abdeckt. Es wird sehr wahrscheinlich versucht werden die Kostenlücke durch Lohnkürzungen bei den Beschäftigten zu schließen. In diesem Zusammenhang könnte der Kampf der VKSG-KollegInnen um einen Tarifvertrag rückblickend zur Vorhut von weiteren alle Kita-Beschäftigten betreffenden Lohnkämpfen werden.

Dienstag, 7. August 2012

Morgen Warnstreik der Beschäftigten der Vereinigung Kita Service Gesellschaft

Am Mittwoch den 8.8. von 5-20 Uhr streiken die ausgegliederten Beschäftigten aus dem Hauswirtschaftsbereich der Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten für einen Tarifvertrag. 2005 wurde das Küchen- und Reinigungspersonal in eine Tochtergesellschaft ausgegliedert um den Tarifvertrag zu umgehen und so die Löhne runterzudrücken. Im Vergleich zu den alten Arbeitsverträgen werden in den neuen Arbeitsverträgen bis zu dreißig Prozent weniger Lohn für die gleichen Tätigkeiten bezahlt.  Die Tochtergesellschaft gehört zu 100% der Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten, die 178 einzelne Kitas in Hamburg betreibt und zu hundert Prozent der Stadt Hamburg gehört.

Die Stadt nutzt also Ausgliederungen und Lohndumping um in einen Staatsunternehmen die Beschäftigten auszupressen, während die gleiche Stadt für die Elbphilharmonie 476 Millionen Euro (Tendenz steigend), für Hapag-Lloyd-Anteile 420 Millionen Euro und für die HSH Nordbank 1,5 Milliarden Euro übrig hat. Deutlicher lässt sich kaum zeigen, in wessen Interesse der SPD-Senat und die CDU-GAL-Vorgängerregierung Politik machen.

"Die Mehrheit der Bevölkerung muss sagen: 'Das geht so nicht!'"


Interview mit Ronald Prieß zu den Kürzungen in der offenen Kinder- und Jugendarbeit aus dem 4. Rundbrief der AKL Hamburg (http://www.akl-hamburg.de/wp-content/uploads/2012/08/AKL-Hamburg-Aufbruch-August-2012-light.pdf)

Zum Hintergrund: Der SPD-Senat plant erhebliche Kürzungen im Sozialbereich. Dagegen formiert sich Widerstand. Die besonders von Kürzungen bedrohte offene Kinder- und Jugendarbeit gemeinsam mit den Kinder- und Familienzentren haben bislang den größten Protest organisiert, aber auch andere Bereich wollen sich anschließen.


Ronald Prieß ist Referent für Kinder, Jugend- und Familie bei der Fraktion DIE LINKE in Hamburg. Verdi Mitglied und langjähriger Aktivist in sozialen Bewegungen.



Was kann man sich unter der offenen Kinder- und Jugendarbeit eigentlich vorstellen?


Unter der offenen Kinder- und Jugendarbeit laufen Bauspielplätze, Mädchentreffs, Jugendclubs oder Jugendzentren zum Beispiel. Die Angebote sind kostenlos, freiwillig und stellen eine Freiraum für das einzelne Kind dar, in dem es sich verwirklichen kann. Die NutzerInnen sind zwischen 10-18 Jahre alt, stammen häufig aus Familien mit ALG-II-Bezug, haben überdurchschnittlich oft einen Migrationshintergrund und die Familien, aus denen sie kommen, verfügen über geringe Wohnfläche.


Was bedeuten die mindestens 3,5 Millionen Euro Kürzungen bei den Zuwendungen an die Bezirke für die Arbeit der freien Träger?

Die 3,5 Millionen Euro machen schon einen großen Teil der gesamten Arbeit aus. Es sind rund 10% die gekürzt werden. Viele Einrichtungen arbeiten jetzt schon mit ehrenamtlichen Kräften, sie haben nicht mal eine Stelle. Es gibt eine Untersuchung der Behörde dazu und danach hat ein Großteil der Einrichtungen nur eine Stelle oder höchstens zwei Stellen. Ganz wenige Einrichtungen haben mehr als zwei Stellen. Die Kürzungen machen die Arbeit unmöglich, deswegen haben sich die Bezirke dagegen gestellt, deswegen hat sich der Landesjugendhilfeausschuss dagegen gestellt und deswegen führen die Bezirke diese Kürzungen nicht flächendeckend durch, weil dann ganz viel Infrastruktur sofort kaputt geht. Es wird konkret nun in den Bezirken geguckt, welche Einrichtung braucht man nicht mehr, welche kann man schließen. Dazu gibt es ja auch diese soziale Landkarte, die dient ja auch mit dazu (http://www.hamburg.de/soziale-stadtkarte/).


Was ist von dieser sozialen Landkarte zu halten?


So ein sozialer Atlas wurde früher schon häufig überlegt, er kann für Jugendhilfeplanung ein gutes Instrument sein. Aber in diesem Zusammenhang ist er vor allem deshalb gemacht und deshalb erstmals durchgeführt worden, weil er eben auch dazu dienen soll diese Kürzungen durchzuführen.


Scheele argumentiert, dass der Ausbau der Ganztagsschulen (GBS) die Kürzungen ausgleichen würde. Außerdem könnten die Träger ihre Projekte in Zukunft über andere Töpfe finanzieren, zum Beispiel über die Mittel aus der Sozialen Hilfen und Angebote (SHA). Was meinst du dazu?


Ich beginne mal mit den Ganztagsschulen: Der Ausbau der Ganztagsbetreuung kommt im wesentlichen den Kindern von 6-10 Jahren, also denen der ersten bis vierten Klasse, zu gute. In den Einrichtungen auf den Bauspielplätzen sind hauptsächlich Kinder, die sind 10-14 Jahre alt. In den Jugendzentrum sind sie meistens noch älter, auch in Mädchentreffs sind nicht diese Kinder anzutreffen sondern auch eher Ältere. Das heißt schon alleine von dieser Warte aus, kann man sagen, dass dort ganz unterschiedliche Kinder und Jugendliche betroffen sind. Der zweite Gesichtspunkt ist, dass das eigentlich eine**ganz andere Arbeit ist. Die Ganztagsschulen sind ja an die Schulen angegliedert mit einem Kurssystem. Dort sollen die Kindern dann gebildet und betreut werden. Die offene Kinder und Jugendarbeit ist ein niedrigschwelliges Angebot. Da kann jede/r hinkommen, da kann jeder machen was er oder sie möchte. Im Rahmen von Ganztagsschulbetreuung wäre es so, dass man an einem Tag in der Woche, meinetwegen am Donnerstag auch mal auf den Baui geht. Aber Kinder, die bis jetzt auf dem Bauspielplatz sind, sind oft jeden Tag auf dem Bauspielplatz oder mindestens zwei- dreimal in der Woche, und wollen eine Hütte bauen und nicht einmal in der Woche auf dem Bauspielplatz gehen als spezielles Angebot. Also auch von der Art des Angebots ist ein großer Unterschied da.


Dann komme ich nochmal zu der Frage der sozialen Hilfen und Angebote. Dort ist auch ein wesentlicher Unterschied. Kinder kommen, wie ich schon gesagt habe, auf den Bauspielplatz beitragsfrei, ungezwungen und freiwillig. Im Rahmen der SHA würden sie dahin kommen, weil der ASD (Allgemeiner Sozialer Dienst) sie da hingeschickt hat, weil der ASD mit den Familien eine Vereinbarung trifft, eine verbindliche Hilfe vereinbart und dann mit diesem Träger zusammenarbeitet. Die Kinder würden nicht freiwillig, sondern zwangsweise kommen. Im schlimmsten Fall hätten wir einen Drehtüreffekt, dass ein Kind, das vorher freiwillig auf den Baui gekommen ist, dann mit einer teureren SHA-Maßnahme zwangsweise auf den Bauspielplatz kommt. Dann wird alles sogar noch teurer. Diese Maßnahme verändert die Arbeit dieser Einrichtungen also ganz erheblich. Am Ende sollen die Einrichtungen die offene Arbeit weiterführen, neue Kindergruppen in Kooperation mit den Ganztagsschulen aufnehmen, verbindliche Hilfen im Rahmen von sozialen Hilfen und Angeboten (SHA) durchführen und diese verschiedenen Aufgabenbereiche koordinieren. Auf die Einrichtungen kommt mehr Arbeit zu, die sie mit weniger Mitteln bewältigen sollen.


Die angekündigten Kürzungen des SPD-Senats im Sozialbereich betreffen nicht nur die offene Kinder- und Jugendarbeit. Was kommt noch auf uns zu?


Insgesamt werden zur Zeit 67,5 Millionen Euro gehandelt vom Senat, das war auch schon mal weniger. Vieles davon ist noch nicht mal bestimmt, bei Vielem hat der Senat noch nicht gesagt wo er kürzen will. Ich würde sagen mit Bedacht hat er das nicht getan, weil er die Menschen möglichst lange in Unsicherheit halten will. Wir sehen ja jetzt schon bei den Kürzungen in der Kinder- und

Jugendarbeit was für ein Protest entstanden ist. Im Prinzip ist die Höhe der Kürzungen auch flexibel zu veranschlagen, weil das "pay-as-you-go-Prinzip" gilt. Das heißt, da wo der SPD-Senat Mehrausgaben hat, müssen diese durch Minderausgaben ausgeglichen werden. Wenn jetzt höhere gesetzliche Leistungen, zum Beispiel bei den Hilfen zur Erziehung nötig werden, dann bedeutet das, dass woanders mehr gekürzt werden muss. Wenn höhere Tarifsteigerungen durchgesetzt werden, bedeutet das mehr Personalabbau. Deswegen ist auch vom Februar vom Hamburger Senat ein Rahmen von 25-49 Millionen Euro angegeben worden. Im Frühjahr waren es dann schon 67,5 Millionen. Ich rechne damit, dass es noch höher werden wird und auch 77 Millionen Euro durchaus sein können. Ver.di hat ja dann Zahlen vorgelegt und hat gesagt 1,5% Tarifsteigerungen bedeuten den Abbau von 250 Stellen (siehe PM Ver.di Hamburg vom 14.06.2012/)/


In welchen Zeitrahmen wird über die Kürzungen entschieden und wann würden sie umgesetzt werden?


Im Herbst beginnen die Haushaltsberatungen. Vom 11.-13. Dezember soll dann darüber in der Bürgerschaft abgestimmt werden. Umgesetzt würden die Kürzungen dann ab 2013. In dieser Spanne müssen also Proteste entfalten werden die so wirksam sind, dass der Senat sich dazu gezwungen sieht, auf diesen Haushaltsbeitrag des unteren Drittel der Bevölkerung zu verzichten. Im Grunde muss der Protest aber danach weitergehen. Wir brauchen ein langfristig arbeitendes Bündnis, das dafür eintritt, die Unterfinanzierung im Bildungs- und Sozialbereich zu beenden. Die Verbesserung der Einnahmeseite der Haushalte in Bund, Länder und Gemeinden muss in die öffentliche Diskussion gebracht und durchgesetzt werden.


Das Netzwerk für offene Kinder- und Jugendarbeit (Nokija) ruft zu Protesten auf. Wie setzt sich das Netzwerk zusammen und wie ist es entstanden?


Das Netzwerk besteht aus Einrichtungen aus allen Bezirken und allen Fachbereichen. Fachbereiche bedeutet Bauspielplätze, Jugendclubs etc. Das Netzwerk trifft sich in der Regel einmal im Monat. Es ist im Frühjahr entstanden und hat den Protest auf die Straße und in das Parlament getragen. So wurde neben vielen kleineren Aktionen ein Familienausschuss im April "besucht" und eine öffentliche Anhörungen für den 29.Mai mit Hilfe der Opposition durchgesetzt. Am selbigen Tag wurde demonstriert, auf das Rathaus zu demonstriert, und das Rathaus wurde geentert. Die Fraktion der Linken. hat diesen Protest unterstützt.

Was ist das Rotstift-Bündnis und welche Rolle kann es bei den Widerstand gegen die Kürzungen spielen?


Das Bündnis hat sich im Juni gebildet, da sind jetzt auch Gewerkschaften und Sozialverbände mit eingestiegen. z.B. die GEW und Ver.di. Das kann für eine Verbreiterung der Proteste sorgen. Zum Beispiel ist ja auch vom Hamburger Senat geplant im Bereich der Kitas die Tarifsteigerungen auf 0,88% zu begrenzen. Das bedeutet, dass die in den Tarifauseinandersetzungen beschlossenen Tariferhöhungen für dieses Jahr für die meisten Beschäftigten nicht in voller Höhe wirksam wird. Da will der Senat 11 Millionen Euro im nächsten Jahr sparen. Die Verbände gehen von 55 Mio. € in den nächsten Jahren aus, wenn das umgesetzt wird. (siehe taz-h vom 28.7.2012) Ich denke, dass sich der Bildungsbereich nicht gegen den Sozialbereich ausspielen lassen darf und dass dieser Protest nur erfolgreich sein kann, wenn sich die verschiedenen Bereiche der Gesellschaft zusammentun und wenn diese Kämpfe ausgeweitet werden. Wir haben in einem Grundsatzpapier "Stadt in der Krise" als Aktion auch vorgeschlagen dazu Betriebsversammlungen durchzuführen. Wir müssen dafür sorgen, dass möglichst viele Menschen in dieser Stadt begreifen, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen sozialen Kürzungen und Schuldenbremse, dass hier die Falschen die Krise ausbaden und dass die Verursacher dieser Krise endlich zur Kasse gebeten werden müssen, anstatt sie mit Steuerentlastungen zu beglücken.

Daran anknüpfend, wie können wir diese Kürzungen verhindern? Was kann man tun um euch zu unterstützen?


Diese Kürzungen können nur dann verhindert werden, wenn ein Klima in dieser Stadt entsteht, wo die Mehrheit der Bevölkerung sagt: "Das geht so nicht!" Dazu ist Öffentlichkeit herzustellen. Es gibt Unterschriftenlisten, in die jede/r sich eintragen lassen kann, es gibt Aufkleber, die auf eine Verwendung warten, jede/r kann auf die Seite von Nokija (www.nokija.de / www.facebook.com/nokija.hamburg) gehen oder auch auf die Seite der Fraktion schauen. Ich denke, es wird weitere öffentlichen Proteste und Aktionen des Rotstift-Bündnisses geben, an denen mensch teilnehmen kann und die man mit eigenen Aufrufen unterstützen kann. Man kann selber überlegen, wie man in seinen eigenen Bereich eine eigene Öffentlichkeit schaffen kann. Die Betriebsräte oder Belegschaften können Protestierende zu Betriebsversammlungen einzuladen und so weiter an einer Vernetzung in der Stadt arbeiten.


Die öffentlichen Haushalte sind überschuldet. Was ist die Alternative zur Kürzungspolitik von SPD/CDU/Grüne/FDP?


Diejenigen, die die Verschuldung verursacht haben, müssen zur Kasse gebeten werden. Ich muss da schon schmunzeln, wenn diejenigen ParteienvertreterInnen, die die Situation verschuldet haben, sich als Fachleute des Schuldenabbau darstellen. Das sollte man vorweg sagen. Ich glaube, dass insgesamt eine Alternative nur möglich ist, wenn man auch**auf die Einnahmeseite des Haushaltes schaut. Das beginnt dann bei der Durchsetzung des Steuervollzuges und endet bei höheren Steuern für die oberen Zehntausend. Allein eine Millionärssteuer von zehn Prozent auf Vermögen über eine Million Euro brächte jährlich bundesweit 200 Milliarden Euro Mehreinnahmen ein. Wenn man darauf hinwirkt, dass gezielt in Zukunftsinvestition investiert wird, die wir brauchen in der sozialen Infrastruktur, in der Verkehrsinfrastruktur etc., dass man dafür sorgt, dass die dafür notwendigen Gelder auch zur Verfügung gestellt werden. Für Hamburg hat die Fraktion DIE LINKE gesagt, dass Steuermehreinnahmen zur Hälfte in Schuldentilgung und zur Hälfte in Zukunftsinvestition verwendet werden sollen.