Dienstag, 7. Mai 2013

Protest gegen Kriegsminister auf Hamburger Kirchentag

Am 04. Mai war auf dem Hamburger Kirchentag Thomas de Maizière geladen, um auf der Veranstaltung "Demokratie heißt einander vertrauen" zu sprechen. Doch nicht alle Teilnehmer der Veranstaltung waren bereit, dem sog. "Verteidigungs"minister dieses Vertrauen zuteil werden zu lassen. Zwei antimilitaristische Transparente wurden entrollt, Sprechchöre wie "Kriegstreiber" und "Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt" wurden gerufen. Tatsächlich ist es zynisch, dass gerade demjenigen Minister, der vor wenigen Tagen die Bestellung von US-Drohnen des Typs "Sensenmann" (bewaffnet passenderweise mit den Raketen "Hellfire") für etwa 40 Millionen Euro Steuergelder angekündigt hat, nun auf einer kirchlichen Veranstaltung zum Thema Vertrauen und Demokratie eine Bühne geboten wird. Ganz richtig empört sich die im folgenden Artikel interviewte Aktivistin auch über das Verhalten von Pfadfindern und Besuchern des Kirchentags, welche sich auf die Seite von Polizei und Kriegsminister stellten und aggressiv und vereinzelt auch handgreiflich auf Protestierende losgingen.
Doch wie die Aktivistin auch richtig betont zeigt das, dass "Kriegspropaganda und die Militarisierung der Gesellschaft ihre Wirkung zeitigen und wir mehr und mehr gefordert sind, Opposition zu organisieren.". Im Protest am 04. Mai waren unter anderem aktiv die Deutsche Friedensgesellschaft DFG-VK, die Hamburger SDAJ und Linksjugend 'solid.

Samstag, 4. Mai 2013

Maidemos 2013 in Hamburg

Klassenkampf oder Sozialpartnerschaft?

An der DGB-Demo zum 1. Mai nahmen in diesem Jahr 7500 Menschen teil, verglichen mit 6000 TeilnehmerInnen 2012 eine deutliche Steigerung. Dazu beigetragen hat wohl auch der antikapitalistische/klassenkämpferische „Rise Up“-Block, an dem wir uns beteiligten. Im Gegensatz zu den eher langweiligen Reden der Gewerkschaftsfunktionäre wurden vom Lauti des Blocks schon auf der Auftaktkundgebung in Redebeiträgen die Solidarität mit der aktuell wachsenden, selbstorganisierten Flüchtlingsbewegung und den seit November streikenden ArbeiterInnen von Neupack in Stellingen betont. Während der Demo gab es einen längeren Redebeitrag von Beschäftigten in der Pflege zur Situation in dieser Branche, wo die ArbeiterInnen massiv ausgebeutet werden, die Menschen pflegen, die aufgrund von Alter oder Krankheit nicht (mehr) ausgebeutet werden können und an denen die KapitalistInnen folglich kein Interesse haben, wie die Rednerin betonte.

Die Demo folgte wie im letzten Jahr einer kurzen Route vom Spielbudenplatz zum Fischmarkt, die überwiegend an – am Feiertag logischerweise leeren – Bürogebäuden vorbeiführt. Sowohl auf der Auftakt- als auch der Abschlusskundgebung waren die Bühnen bereits für den gestern gestarteten Kirchentag geschmückt, die Abschlusskundgebung ging sogar mit einer „Brückenveranstaltung“ samt Olaf Scholz-Rede und schrecklichem christlichem Rap direkt in den Kirchentag über. Das wirft die Frage auf, warum nicht wie in früheren Jahren vom Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof zum Museum der Arbeit in Barmbek demonstriert wurde, statt die Nähe zur Evangelischen Kirche zu suchen, die für Niedriglöhne und religiöse Diskriminierung gegenüber ihren Beschäftigten im Pflege- und Erziehungsbereich bekannt sind.

Wegen dieser Nähe boykottierten einige linke Kräfte die Abschlusskundgebung, auf der der Hamburger DGB-Vorsitzende Uwe Grund, Marion Popken von der DGB-Jugend und der Bundesvorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis sprachen. Uwe Grund erwähnte in seiner Rede die bisherigen Arbeitskämpfe in diesem Jahr bei Coca Cola, den Sicherheitsdiensten am Flughafen, bei der Lufthansa und bei Vattenfall und ging auf die bevorstehende Auseinandersetzung im Einzelhandel ein. In der größten Branche in Deutschland arbeiten 3,5 Millionen Menschen, 900000 von ihnen im Niedriglohnsektor. Nach jahrelangen Reallohnverlusten nimmt die Unzufriedenheit in den Betrieben zu, wie Grund betonte. Seiner Meinung nach scheint es aber vor allem um „Respekt“ zu gehen und weniger um Lohnerhöhungen oder andere konkrete Forderungen. Trotzdem, „so langsam wird die Luft bleihaltig“, wie Grund erklärte. Wir sind gespannt, wie sich ver.di in der Tarifauseinandersetzung verhalten und ob die Gewerkschaftsführung einen konsequenten Kampf für höhere Löhne und bessere Bedingungen führen wird.

Als anschließend der „Hauptredner“ Michael Vassiliadis die Bühne betrat, tauchte plötzlich ein großes Transparent mit der Aufschrift „Suche: klassenkämpferische Gewerkschaft – Biete: sozialpartnerschaftliche IG-BCE“ vor der Bühne auf. Deren Bundeschef wurde mit Sprechchören und Pfiffen an die Rolle seiner Gewerkschaft im Streik bei Neupack erinnert, wo die Führung der IG BCE die KollegInnen seit Januar immer wieder zur Arbeit schickt. Diese als „Flexi-Streik“ bezeichnete Taktik wurde von den Streikenden in einem auf der Demo verteilten Flyer als „Flexiverarschung“ massiv kritisiert, weil dadurch die fast leeren Lager aufgefüllt und Streikbrecher angelernt wurden. Auch den Kampf um einen Tarifvertrag hat die IG BCE-Führung mittlerweile aufgegeben, sie verhandelt nur noch über eine Betriebsvereinbarung. Statt über Neupack sprach Vassiliadis über die Zerschlagung der Gewerkschaften im deutschen Faschismus am 2.5.1933. Bei dieser Gelegenheit stellte er die protestierenden KollegInnen von Neupack und ihre ca. 50 UnterstützerInnen vom Soli-Kreis und linken Gruppen in die Nähe von Faschisten und behauptete, sie wollten die Einheitsgewerkschaft spalten. Sachlich auf die Kritik eingehen wollte er offensichtlich nicht.

Nach Vassiliadis stellte Marion Popken die „6 Ansagen“ der DGB-Jugend für den Bundestagswahlkampf vor. Gefordert werden bessere Ausbildungsbedingungen ohne Überstunden und ausbildungsfremde Tätigkeiten, ein besserer Jugendarbeitsschutz, Verbesserungen an den Berufsschulen, Übernahme aller Azubis nach der Ausbildung (aktuell werden 40% der Azubis nicht übernommen), ein Mindestlohn von 8,50€ und bessere Bildungschancen durch elternunabhängiges Bafög für SchülerInnen und Studierende, Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in der EU, Rücknahme der Rente mit 67 und konsequente Bekämpfung von Nazis und Rassismus. Die Rednerin forderte PolitikerInnen auf, sich im Wahlkampf zu diesen Forderungen zu bekennen. Obwohl sie sich im Gegensatz zu Vassiliadis nicht offen zu SPD und Grünen bekannte, ging auch sie nicht auf die Rolle dieser prokapitalistischen und neoliberalen Parteien ein, die von den Gewerkschaftsführungen leider nach wie vor unterstützt werden.

„Revolutionärer 1.Mai“


Um 18:00 startete an der Feldstraße die revolutionäre 1. Mai-Demo, die vor allem jugendliche TeilnehmerInnen anzieht, die einen Bruch mit dem Kapitalismus fordern – in diesem Jahr kamen ca. 1400 Menschen. Glücklicherweise waren diesmal relativ wenige Betrunkene darunter und die meisten schienen zu wissen, worum es bei der Demo geht – was in den letzten Jahren wohl nicht immer der Fall war. Trotzdem gab es leider fast keine Sprechchöre, und in den Reden vom Lautsprecherwagen wurde sich mehrfach positiv auf Mao und maoistische bzw. stalinistische Bewegungen bezogen. Die Polizei begleitete die Demo über einen Großteil der Strecke als (beinahe-)Wanderkessel, stoppte sie mehrfach und bekam auf der Abschlusskundgebung ihre ersehnte Eskalation, als Flaschen, Stöcke und Werferwasser flogen, zahlreiche DemonstrantInnen durch Knüppel und Pfefferspray verletzt und insgesamt 10 von ihnen festgenommen wurden.

Mittwoch, 1. Mai 2013

1. Mai in Hamburg 2013

Text des Flugblatts, das heute auf der DGB-Demo und der revolutionären 1. Mai-Demo verteilt wurde:

Für einen 1. Mai der ArbeiterInnen weltweit, statt einem der SPD und Gewerkschaftsbosse!

Heute ist der Tag der ArbeiterInnen, ein Feiertag, und trotz der benötigten Erholung von Lohnarbeit, Schule, Studium, usw. sind wir heute auf der Straße. Wir sind auf der Straße um die Faust gegen die uns unterdrückende Minderheit aus Konzernen, Banken und Politik zu erheben, um gemeinsam und solidarisch gegen den Kapitalismus und für das schöne Leben zu demonstrieren. Auch in Hamburg sehen wir die Krise dieses Systems und die Gegenwehr an allen Ecken. Sei es Wohnungsnot und Mietenwahnsinn, seien es Haushaltskürzungen und Proteste der offenen Kinder- und Jugendarbeit oder die Arbeitskämpfe wie letztes Jahr bei Pflegen & Wohnen, zurzeit bei der Lufthansa oder der schon Monate andauernde Streik bei Neupack.

Und bei Neupack kommen wir auch schon zur Kritik an dieser DGB-Demo. Die KollegInnen von Neupack sind bei der Gewerkschaft IG BCE organisiert. Der Apparat der IG BCE steht seit Jahrzehnten für Sozialpartnerschaft. Bei Neupack sprach die Führung der IG BCE letztens von einem Durchbruch, weil das Unternehmen bereit wäre eine “Maßregelungsklausel” zu akzeptieren, die die Abmahnungen und Kündigungen mancher KollegInnen entkräften, aber längst nicht alle, wie z.B. die gegen den Betriebsratsvorsitzenden Murat.

Desweiteren gibt es immer noch keine Regelungen über Mindestlohn, Urlaubsgeld, etc, aber die IG BCE-Führung spricht von einem Durchbruch! Sie untersagte den Streikenden den Arbeitskampf organisatorisch in die eigenen Hände zu nehmen und auch die Forderung nach einem Tarifvertrag hat sie auf Arbeitgeberwunsch zurückgezogen. Eine tolle Gewerkschaftsführung ist das! Und wer hält heute, wie auf jedem DGB-Plakat zu lesen, eine Rede? Michael Vassiliadis, der Vorsitzende der IG BCE. Neben Vassiliadis gibt es natürlich viele weitere Gewerkschaftsbosse, die gemeinsam mit ihrer SPD vergessen haben auf welcher Seite sie stehen und die Gewerkschaftsbasis, die Arbeiterinnen und Arbeiter, verraten.

Das wäre ja eigentlich schon genug an Kritik und leider teilweise auch nichts Neues, doch dieses Jahr gibt es in Hamburg noch mehr Grund zum Unmut, der unter anderem sogar die ver.di Jugend Hamburg (LBJV) zum Boykott der diesjährigen DGB-Demo bewegt hat. Stattdessen werden sie gegen einen Naziaufmarsch protestieren, wozu wir ihnen solidarische Grüße senden.

Doch von was ist nun eigentlich die Rede? Der DGB kooperiert dieses Jahr mit dem Kirchentag. Nicht nur dem Tag vieler ChristenInnen, sondern, und nun zur Kritik, dem Tag einer Institution, die alles andere als ein guter Arbeitgeber ist. Die Kirche hat in Deutschland dank einem Gesetz der Weimarer Reichsverfassung das Recht ihr eigenes Arbeitsrecht zu erlassen. Und das hat die Kirche mit dem sog. “Dritten Weg” auch getan. Das sorgt dafür, dass viele MitarbeiterInnen der Kirche null Tarifsicherheit haben und ausgebeutet werden können, wie es dem Arbeitgeber (z.B. Diakonie) gerade passt.

Ob Sozialpartnerschaft oder “Dritter Weg“, für uns steht der erste Mai in einer anderen Tradition! Wir wollen den Kampf für eine bessere, für eine klassenlose Gesellschaft! Wir wollen den Kapitalismus überwinden und von Athen über Madrid bis Berlin die Macht der Banken und Konzerne brechen! Denn nur mit internationaler Solidarität ist es möglich etwas zu ändern. Ob der arabische Frühling oder Occupy in den USA, ob Betriebsbesetzungen in Griechenland oder Anti-Atom-Proteste im Wendland. Die wichtigste Aufgabe ist es uns zu organisieren und zu vernetzen, im Stadtteil, in der Stadt, im Land und weltweit auf der Straße und im Parlament!