Veranstaltung im Rahmen der Centro Herbstakademie: 9.11., 18:00 Uhr, Centro Sociale (Sternstraße 2)
In nahezu der gesamten arabischen Welt sind Millionen Menschen in den
letzten zwei Jahren gegen ihre Herrschenden aufgestanden, haben
Regierungen gestürzt, mutig dem Militär getrotzt, haben gesehen, dass es
möglich ist, etwas zu verändern. Trotzdem hat sich in ihren Ländern an
den sozialen Bedingungen nicht viel verändert, andere Herrscher sind an
Stelle der alten getreten, Militärs und Fundamentalisten.
Warum es AktivistInnen auch hier trotzdem Mut machen sollte, dass
Millionen Menschen gemerkt haben, dass Widerstand etwas bewirken kann
und warum die neuen Herren in einem wackligeren Sattel sitzen als die
alten und warum wirkliche Befreiung nicht durch westliche
Militärinterventionen geschieht – darüber berichten die Sozialistischen
Aktivisten Tamir (Libanon) und Nate (Syrien).
Dienstag, 5. November 2013
LAMPEDUSA BLEIBT – WEG MIT SCHOLZ!
Die
SPD in Hamburg hat noch die Bundestagswahlen abgewartet um seit
dem 11. Oktober zum Frontalangriff gegen die Gruppe „Lampedusa in
Hamburg“ anzusetzen. Mit den Polizeikontrollen, der Razzia in der
B20, den Zwangsidentitätsfeststellungen, dem Ultimatum des Senats und der darauf
folgenden Inhaftierung von zwei Lampedusa-Flüchtlingen in dem
Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis vom 16. auf den 17. Oktober;
mit all diesen Maßnahmen hat der Senat versucht die Gruppe zu
terrorisieren und zu brechen.
Ende
Mai hatte der Senat den Flüchtlingen das Unterkommen in einer
Turnhalle für 4-5 Wochen als Schonzeit bis zur Abschiebung nach
Italien angeboten. Die Nordkirche hatte damals eine positive Rolle
gespielt, dieses „Angebot“ abgelehnt und neben der Versorgung der
Flüchtlinge mit Lebensnotwendigen die St. Pauli-Kirche als
Unterkunft für 80 Leute Anfang Juni geöffnet. Als am 23. Oktober
Innensenator Neumann die Aussetzung der rassistischen
Polizeikontrollen ankündigte, richtete im Gegenzug die Bischöfin
Fehrs am 22. und 24. Oktober den Appell an die Flüchtlinge sich bei
den Behörden zu melden für eine „faire“ Einzelfallprüfung.
Die
Kirche erklärte in einer Pressemitteilung letzten Dienstag, dass die
Flüchtlinge, die in der St. Pauli-Kirche untergekommen waren, bereit
seien sich bei der Behörde zu registrieren. Die Presse stürzte sich
begierig auf die angebliche Spaltung der Gruppe. Denn am gleichen Tag
hatten die Gruppensprecher erklärt, dass die Gruppe keine
Einzelfallprüfungen ohne Garantien akzeptiert würde, dass eine
Gruppenlösung über §23 das Ziel sei, aber auch eine Kommission mit
zivilgesellschaftlichen Gruppen als Vermittlung akzeptiert werden
würde.
In
Wirklichkeit scheint nur eine Minderheit der Flüchtlinge in der St.
Pauli-Kirche bereit zu sein, sich auf eine Einzelfallprüfung
einzulassen.Die
Nordkirche stiftet so Verwirrung und legitimiert das Angebot des Senats.
Dabei ist das bisherige Angebot des Senats nicht „fair“ sondern
wertlos. Der vorgeschlagene Ablauf entspricht den ohnehin geltenden
Rechtsvorschriften und ohne Ausnahmeregelung wird jede Prüfung eine
Abschiebung als Ergebnis haben.
Tor
zur Welt?
Das
Statistikamt Nord zählt knapp ein Drittel aller in Hamburg lebenden
Menschen als MigrantInnen. Zählt man die innerdeutsche Zuwanderung
von all den Menschen dazu, die aus beruflichen Gründen, wegen des
Ausbildungsplatzes oder dem Studium in die Hansestadt gezogen sind,
dann ist es hier eigentlich ganz normal, dass Menschen ihren
Lebensort wechseln, um woanders bessere Perspektiven zu haben.
Die
Hälfte der Ausbildungsplätze in Hamburg geht an Zugezogene, vor
allem aus den umliegenden Bundesländern. Gleichzeitig gibt es
mehrere tausende Jugendliche in Hamburg die keinen Ausbildungsplatz
haben, die in Warteschleifen festhängen. Offensichtlich gibt es hier
nicht genügend annehmbare Ausbildungsplätze für Alle. Es wäre
merkwürdig deswegen zu fordern, dass dann halt die Leute in
Schleswig-Holstein und Niedersachsen keine Ausbildung in Hamburg mehr
machen dürfen. Denn die Konzernbesitzer, die nicht
genug ausbilden lassen, die werden immer reicher. Und die Leute, die
in den Firmen arbeiten, haben immer häufiger Erkrankungen durch
Stress und Überarbeitung. Dann wäre es doch richtig, mehr Personal
einzustellen und damit auch mehr Azubis auszubilden.
Das
passiert nicht, weil im Kapitalismus für den Profit produziert wird
und das Befinden der Lohnabhängigen dafür eine untergeordnete Rolle
spielt. Um das zu verschleiern, werden Migranten häufig als
Sündeböcke für Arbeitslosigkeit, für fehlendes Geld für
Sozialausgaben und für Armutskriminalität benutzt.
„Lampedusa
in Hamburg“ ist die bekannteste Gruppe von Flüchtlingen in der
Stadt. Es gibt aber sehr viel mehr MigrantInnen in Hamburg mit
unsicheren Aufenthaltsstatus und eingeschränkten Rechten. Diese
Menschen stecken in extrem unsicheren Arbeitsverhältnissen mit
schlechterer Entlohnung und schlechteren Arbeitsbedingungen als
üblich. Auch die Vermieter nutzen deren annähernde Rechtlosigkeit
gnadenlos aus mit überteuerten und überbelegten Zimmern. Obwohl
sich nur eine Minderheit rechtlich wehrt, ist allein der DGB in 300
Fällen in den letzten 18 Monaten vor Gericht gezogen.
Im
Interesse aller Lohnabhängigen darf es nicht sein, dass eine
rechtlose Schicht von Menschen als BilligstarbeiterInnen ausgebeutet
werden, denn dadurch erhöht sich der Druck, dass alle Löhne gesenkt
werden. Ebenso hilft es keinen Lohnabhängigen weiter, wenn Rassisten
für Wohnungsnot, geschlossene Jugendeinrichtungen, fehlende
Ausbildungs- und Arbeitsplätze bestimmte Schichten von MigrantInnen
bzw. alle MigrantInnen verantwortlich machen. Gegen Wohnungsnot und
Arbeitslosigkeit hilft nur der gemeinsame Kampf aller Lohnabhängiger
gegen Unternehmer und Immobilienspekulanten, gegen die wirklichen
Verantwortlichen. Die Linke. und die Gewerkschaften sind der beste
bestehende Ansatz um diesen gemeinsamen Kampf voranzutreiben.
Gegenmacht
zum Senat aufbauen
Als
am 25. Oktober knapp 10.000 Menschen für „Lampedusa in Hamburg“
demonstriert haben, war das die größte Massenaktion bis heute. Aber
was wäre erst los, wenn der DGB zu einer Massendemonstration für
„Lampedusa in Hamburg“ nicht nur aufrufen würde, sondern auch
ernsthaft in den Betrieben mobilisieren würde, wenn er Geld für
eine Plakatkampagne ausgeben würde, wenn in den Mitgliedszeitungen
zur Demonstration aufgerufen werden würde? Was wäre los, wenn die
Linke. mit einer eben solchen Kraft für die nächste Demonstration
mobilisieren würde, wie sie Wahlkampf gemacht hat? Wie viele
Menschen würden dann kommen?
Die
Gewerkschafts-Jugend Hamburg, die GEW und ver.di haben für heute
aufgerufen. Das ist zu begrüßen, besonders mit dem Hintergrund,
dass in ver.di massiver Druck von den bundesweiten SPD-Seilschaften
aufgebaut wurde, sich zu der Frage nicht zu positionieren. ver.di
müsste mehr tun um ihre Mitglieder zu verteidigen (die
Lampedusa-Gruppe ist im Juli in ver.di eingetreten). Was würde der
Senat zum Beispiel noch machen können, wenn ver.di Teile des
öffentlichen Dienst lahm legt, solange es keine menschenwürdige
Lösung für „Lampedusa in Hamburg“ gibt. So etwas würde
natürlich viel Diskussionen unter den Mitgliedern, viel
Überzeugungskraft und Vorbereitung erfordern und ob die Mitglieder
an der Frage streiken wollen würden, lässt sich nicht im Voraus
sagen. Aber es wäre das, was notwendig wäre.
Am
17. und 18. Oktober gab es in Frankreich erst an 30 und am zweiten
Tag landesweit an 170 Schulen SchülerInnen-Streiks gegen die
Abschiebungen von zwei MitschülerInnen. Wir denken, dass es auch in
Hamburg das Potential für einen stadtweiten Schulstreik gibt und
dass das ein Mittel wäre den Druck auf den Senat zu erhöhen und
mehr Menschen über die Situation der „Lampedusa in Hamburg“-Gruppe
zu informieren und sie als UnterstützerInnen zu gewinnen. Auf der
GEW Schulpersonalrätekonferenz am 21.10. haben 300 TeilnehmerInnen
sich mit den Lampedusa-Flüchtlingen solidarisiert und zu Protesten
aufgerufen. Falls SchülerInnen sich selbst organisieren für einen
Streiktag, könnte die GEW darauf aufbauend in den Lehrerkollegien
Unterstützung organisieren.
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