Samstag, 24. März 2012

„Die Leute sind auf Zinne, sind sauer“ Warnstreiks beim privaten Klinikbetreiber Damp Holding AG


Beim privaten Klinikbetreiber Damp Holding befanden sich am Dienstag dem 14. Februar 2012 über 2000 Mitarbeiter im Warnstreik. Gestreikt wurde in mehreren Einrichtungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, Notdienste mussten eingerichtet werden. Es geht um einen Tarifvertrag für rund 5600 tarifvertraglich Beschäftigte, der noch vor der Übernahme der Damp-Einrichtungen durch die Helios Kliniken GmbH festgemacht werden soll. Verdi fordert eine Lohnerhöhung von 7,5 Prozent, volles Weihnachtsgeld sowie einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. Besonders viele Angestellte haben sich an den Streiks in Schleswig (600-700) und Damp (etwa 650) beteiligt. „Eine irre Beteiligung“, so Verdi-Verhandlungsführer Oliver Dilcher. „Die Leute sind auf Zinne, sind sauer.“. Der Vorstandsvorsitzende von Damp, Dr. Carl Hermann Schleifer, äußerte sich dazu öffentlich so: „Die Unternehmensgruppe Damp befindet sich in der Übergangsphase des Wechsels zu Helios als dem künftig neuen Hauptaktionär. In dieser Phase schließt das Management nach üblicher Praxis keine Verträge ab, die langfristig und wesentlich zu einer zusätzlichen Belastung des Unternehmens führen können. Das gilt insbesondere für Tarifverträge.“ Trotzdem ist Damp noch bis zur Übernahme verantwortlicher Tarifpartner der beteiligten Gewerkschaften Ver.di und NGG.

Der neue Hauptaktionär

Bei der Helios Kliniken GmbH, HHhHHhhhdem neuen Hauptaktionär der Damp-Einrichtungen, handelt es sich um ein Tochterunternehmen des an der Börse notierten Medizintechnik- und Gesundheitsunternehmens Fresenius SE & Co. KGaA, einem der größten privaten Klinikbetreiber Deutschlands mit einem jährlichen Umsatz von fast 16 Mrd. Euro und rund 138 000 Mitarbeitern (Zahlen von 2010). Die Helios-Kliniken GmbH, bei der rund 37 000 Mitarbeiter an über 60 Kliniken, vorwiegend im norddeutschen Raum, angestellt sind, verfügt mit einem jährlichen Wachstum von etwa 19 Prozent über einen Umsatz von c.a. 2,5 Mrd. Euro (2010). Doch obwohl dieses Unternehmen anscheinend blühend wächst, stehen die Chancen der Mitarbeiter auf einen neuen Tarifvertrag unter Helios nicht gerade gut. An einigen von Helios geführten „Akutkliniken“ gibt es zwar für bestimmte Teile der Belegschaft so genannte Konzerntarifverträge, es ist jedoch, wie bei so vielen anderen Großunternehmen in der Branche, auch bei Helios gang und gäbe, dass große Teile der Belegschaften in kleinere Tochterunternehmen ausgegliedert werden, um niedrigere Löhne zahlen zu können. Auch wegen Abrechnungsbetrug wurde gegen Helios bereits ermittelt. Andreas Splanemann (Pressesprecher von Verdi) meint dazu: „Hunderte von Arbeitsverhältnissen wurden bundesweit auf konzerneigene Tochterunternehmen übergeleitet, meist in Bereichen, in denen am Markt schlechtere Lohnbedingungen vorherrschen oder gingen ganz verloren. Die Tochterunternehmen müssen sich um Aufträge aus dem eigenen Konzern in Konkurrenz zu fremden Firmen bewerben. Mitarbeiter/innen die vorher viele Jahre im öffentlichen Dienst beschäftigt waren, müssen in diesen Firmen Gehaltseinbußen von bis zu 35% hinnehmen.“ Vor diesem Hintergrund ist es natürlich mehr als verständlich, dass die Gewerkschaften sich noch so kurz vor der Übernahme durch Helios zu Warnstreiks aufrufen, damit die Tarifverhandlungen nach der Übernahme nicht völlig abgewürgt werden.

Endo-Klinik Hamburg Altona

In der Endo-Klinik in Hamburg Altona, wo nun am 1. März zum zweiten Mal ein Warnstreik mit etwa 100 Beteiligten stattfand, wurde im Grunde schon vor der Übernahme durch Damp Raum für Tarifflucht geschaffen. Noch bis 2003 handelte es sich bei der Endo-Klinik um eine Gemeinnützige Betriebsgesellschaft mbH, was für die Mitarbeiter große Vorteile mit sich brachte, da sie beispielsweise günstigere Strompreise von der Stadt angeboten bekamen. 2003 wurde die Klinik dann von der Damp Holding AG übernommen. In diesem Jahr fand auch, so eine Angestellte, das letzte Mal eine Lohnerhöhung von etwa 1,5 Prozent statt. Unter dem Bauherrn Endo Klinik Hamburg GmbH (Unternehmen der Damp Holding AG) gab es dann einen an den bereits vorhandenen Bau anschließenden Neubau, welcher insgesamt etwa 55 Mio. Euro kostete und den die Stadt von 2004 bis 2011 mit 19 Mio. Fördermitteln unterstützte, was der Senat auf eine kleine Anfrage der SPD hin angab. Eine Frau aus dem Betriebsrat erzählt, dass Damp im Gegenzug zu diesen Fördermitteln das Versprechen gab, Neustellen zu schaffen. Real sah das dann so aus, dass nach der Übernahme erstmal 100 Stellen im Servicebereich gestrichen wurden und dann Personal, das bereits bei Damp angestellt war, nach Altona geholt wurde. Von Neustellen kann also nicht die Rede sein. Im Servicebereich (Essensausgabe, Reinigung, etc.) ist dann etwas Ähnliches passiert wie bei der Berliner Charite. Es wurde die ZSG (Zentrale Servicegesellschaft Damp) ausgegliedert, bei der nun 100 der insgesamt 550 Angestellten beschäftigt sind. Und obwohl die gesamte Belegschaft schon unter zu niedrigen Löhnen und Kürzungen zu leiden hat (beispielsweise erhalten die Beschäftigten der Endo-Klinik im Gegensatz zu manchen anderen Einrichtungen von Damp nur 45 Prozent des Weihnachtsgeldes), erhalten die Angestellten der ZSG nun noch dazu außertarifliche Niedriglöhne. Auch im Bezug auf die Streiks verhält sich die Personalleitung der Endo-Klinik kompromisslos. Wie eine Mitarbeiterin berichtet, wurden bereits im Zuge des ersten Warnstreiks Kündigungsandrohungen per Mail an Beschäftigte verschickt. Auch stand der Chef der Personalleitung bei der Demo am 1. März schon um halb 7 von Bodyguards und hinreichend Polizei flankiert vor seiner Einrichtung. Die Streikenden zeigten sich durch dieses Verhalten in erster Linie belustigt, hin und wieder traf aber auch ein wütend-verbitterter Blick das Aufgebot vor dem Haupteingang. Nach der Kundgebung zog man noch zu den Streikenden bei Pflegen und Wohnen Altona, welche an diesem Tag ihren zentralen Streiktag hatten, veranstaltete eine gemeinsame Demo und zeigte sich solidarisch.

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