29. Streiktag bei Pflegen und Wohnen in Hamburg
250 KollegInnen von Pflegen und Wohnen haben am Donnerstag den 16.02 ihren Forderungen nach einem Tarifvertrag lautstark in einer Streikdemonstration Ausdruck gegeben: ""Tarifvertrag -- jetzt!", "Wir sind besser, als man uns bezahlt" und umgedichtete Lieder drückten sowohl die Wut wie die Entschlossenheit der KollegInnen für alle Passanten hörbar aus. Hunderte Flugblätter, die die Gründe für den Streik erklären wurden bei der Route um Hamburgs Innenstadt verteilt. Sogar die vorbeifahrende S-Bahn und verschiedenste AutofahrerInnen zollte den Streikenden Tribut mit Hupsignalen.
Nachdem verschiedene Warnstreiks die Eigentümer von Pflegen und Wohnen, Andreas Franke (Hamburg) und die Vitanas / Mehrheitsgesellschafter Nikolai Burkart (Berlin) nicht dazu bewogen haben, wieder in Verhandlungen um einen Tarifvertrag einzusteigen befindet sich die Belegschaft seit 29 Tagen im Erzwingungsstreik.
Dies ist der zweite Versuch nach der Privatisierung, aus einem Tarifvertrag auszusteigen: Nachdem Pflegen und Wohnen 2007 verkauft wurde sind die Besitzer aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten, um durch eine Gesellschaftsneugründung den Tarifvertrag zu unterlaufen. Damals haben Streiks der Beschäftigten dafür gesorgt, daß es wieder einen Tarifvertrag gab. Am 30.6.2011 wurde dieser erneut gekündigt, seitdem weigern sich die Gesellschafter, zur Verhandlung zurückzukehren.
Wie immer waren die bei der Privatisierung vollmundig gegebenen Versprechen an die Belegschaft offensichtlich nichts wert. Viel Wert allerdings ist die Arbeitskraft der PflegerInnen für die Gesellschafter. So tut sich Andreas Franke groß in seiner Rolle als Kulturmäzen und Förderer -- nicht schwierig, wenn die dafür nötigen Euros mit Lohndumping erwirtschaftet werden.
Sehr gut also, das die Streiktaktik der KollegInnen auch die Gesellschafter als Profiteure an ihre Leichen im Keller erinnert -- heute galt der Besuch der KollegInnen der Andreas-Franke-Akademie, die in repräsentativer Alsternähe musikalische Hochbegabtenförderung leistet. Wenn man auf der Website der Akademie schaut, wimmelt es von Unternehmervokabular a la "Leuchtturmprojekt"
"Konkurrenzfähigkeit" und Standortlogik.
Aber die KollegInnen haben heute gezeigt, daß auch Streiks kulturelles Talent fördern und haben ihre Gesangsfähigkeiten eindrucksvoll demonstriert. Die Kundgebung wurde auch mit einer Art "Kampftanz" beendet -- bei einem Streik im Winter sicherlich eine gute Idee!
GenossInnen der SAV aus Hamburg versuchen seit Monaten den Kampf nach ihren Möglichkeiten zu unterstützen. Waren es bei den Warnstreiks nur Besuche versuchen wir seit Beginn des Erzwingungsstreiks sowohl Streikposten zu unterstützen als auch Öffentlichkeitsarbeit in den Stadtteilen zu machen und nicht zuletzt auch auf den Streikaktionstagen jede Woche laut mit dabei zu sein. Wir wollen mehr Infostände in direkter Nähe der Pflegestandorte machen, um auch die NachbarInnen der Einrichtungen vom Streik zu informieren. Ob Soliplakate, Aufkleber,
Unterschriftenlisten oder Protestpostkarten und Emails an die Gesellschafter -- es gibt viele Möglichkeiten, den KollegInnen Mut zu machen und Unterstützung zu geben. Du willst dabei helfen? Meld dich bei uns!
Protestmails an die Gesellschafter sind bei:
http://www.infoverdi.de/aktion/protest-email-andreas-franke oder info@vitanas.de richtig aufgehoben.
Donnerstag, 16. Februar 2012
Samstag, 11. Februar 2012
Großdemo gegen ACTA
Europaweit gingen Menschen gegen das „Anti-Piraterie-Abkommen“ ACTA auf die Straße. ACTA soll geistige Eigentumsrechte an Kultur- und materiellen Gütern stärker als bisher durchsetzen und dient so der Sicherung von Konzernprofiten.
Die Demo in Hamburg begann um 14:00 Gänsemarkt. Aufgerufen hatten AK Vorrat, Piratenpartei und Grüne. Ungefähr 5000 Leute kamen zusammen. Die meisten von ihnen waren jung und nicht politisch organisiert. Es waren viele kreative selbstgemachte Plakate und Transparente zu sehen, einige sogar blinkend.
Die SAV Hamburg verteilte 500 Flyer, die in kurzer Zeit vergriffen waren, das spricht für ein hohes Interesse an politischen Inhalten. An unserem Infotisch gab es einige gute Gespräche, nicht nur über ACTA, sondern auch über den Streik bei Pflegen & Wohnen. Die Unterschriftenliste zur Unterstützung der Streikenden füllte sich schnell.
In den Reden auf der Kundgebung wurde die undemokratische und intransparente Weise kritisiert, in der ACTA an der Bevölkerung vorbei hinter verschlossenen Türen ausgehandelt wurde. Mit der Einführung von ACTA sei das Internet in seiner heutigen weitesgehend auf freien Informationsaustausch beruhenden Form gefährdet.
Um ACTA zu stoppen setzen die aufrufenden Gruppen auf eine Online-Petition. Dadurch werden Illusionen erzeugt, dass Bittbriefe und richtige Argumente die Herrschenden zur Einsicht bringen werden. In Wirklichkeit wissen sie genau was sie tun und nur entschlossener Massenprotest bis hin zu Blockaden und Arbeitsniederlegungen kann den Druck erzeugen um ACTA und weitere Angriffe auf die Informationsfreiheit zu stoppen.
Mittwoch, 8. Februar 2012
"So ein Streik hat schon immer mehr gebracht"
Text eines Flugblatts, das beim Pflegen&Wohnen-Streik verteilt wird
Liebe Streikende,euer Streik ist großartig. Es tut gut, zu sehen, dass sich Leute gegen Lohndumping, Tarifflucht und die Gängelung durch die Arbeitgeber zur Wehr setzen.
Wenn es nach Franke und Burkard gehen würde, dann müsstet Ihr immer nur brav für wenig Geld arbeiten, ohne dass eure Meinung etwas zählt.
Wenn es nach Franke und Burkard gehen würde, dann müsstet Ihr immer nur brav für wenig Geld arbeiten, ohne dass eure Meinung etwas zählt.
Eure Aktionen habt Ihr genau richtig gegen die Eigentümer gerichtet. Schließlich geht es auch darum, ob zwei Personen ihre Interessen durchsetzen auf Kosten von Euch, Euren KollegInnen und der BewohnerInnen. Es ist auch richtig, die Parteien mit der heutigen Diskussion zur Verantwortung zu ziehen, denn es war eine politische Entscheidung Pflegen&Wohnen zu privatisieren, so wie es politisch bestimmt wird, welche Rahmenbedingungen in der Pflege gelten.
Ihr könnt Euren Streik gewinnen, auch wenn Vieles auf einen langen Kampf hindeutet. Die KollegInnen bei Alpenland und bei der CFM in Berlin konnten auch trotz schwieriger Umstände Erfolge erzielen, weil sie entschlossen, ausdauernd und kreativ waren. Dabei gilt, dass auch die beste Streikleitung nicht alles alleine ausdenken und machen kann. Je mehr von Euch Ideen entwickeln und Sachen mitorganisieren, desto mehr Aktionen lassen sich machen. Es gibt bestimmt noch viele gute Vorschläge wie man Herrn Kamm das Leben schwerer machen kann, wie man schwankende KollegInnen vom Streik überzeugen könnte oder wie man noch mehr Öffentlichkeit schafft. Wir halten die Streikversammlungen, die gemeinsamen Treffen aller Streikenden an dem Streiktag aller Einrichtungen, für einen wichtigen Ort um diese Ideen auszutauschen und den Streik als gemeinsamen Streik zu führen.
Es ist klar, dass es zwei Hebel für den Erfolg gibt: Zum einen den finanziellen Schaden für Burkard und Franke durch die Arbeitsniederlegung. Es ist eine herausfordernde Diskussion, da genau abzuwägen, welche Streiktaktik zu welchem Zeitpunkt unter den konkreten Bedingungen in den Einrichtungen dafür am besten geeignet ist.
Der andere Hebel ist der öffentlichen Druck. Pflegen&Wohnen fürchtet auch den Imageschaden. Die ganze Werbekampagne um neue Auszubildende zu gewinnen, wird zu rausgeschmissenen Geld, wenn Ihr öffentlich macht, was bei Euch los ist. Und jeder potenzielle neue Bewohner und deren Angehörigen werden sich einen Einzug bei Pflegen&Wohnen doppelt überlegen, wenn Ihr Eure Arbeitsbedingungen öffentlich macht. Es gibt ein großes Solidaritätsbewusstsein unter sehr vielen Lohnabhängigen, dafür dass Eure Forderungen grundlegend gerechtfertigt sind. Wenn sich das in aktive Unterstützung umwandeln lässt, bekommen die Verantwortlichen bei Pflegen&Wohnen Angst, dass ihr Ruf ruiniert wird.
Eure Hauptforderung ist ein Tarifvertrag. Wir haben in Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass über die darin dann vereinbarten Bedingungen noch nicht abschließend diskutiert wurde. In vielen Kundgebungsbeiträgen wurde angesprochen, dass es seit Jahren keine Lohnerhöhung gab, während Lebensmittelpreise und Mieten steigen.
Sollte deswegen für einen neuen Tarifvertrag zumindest ein Lohnausgleich für die Preissteigerungen gefordert werden? Ist der Kompromiss von November die unterste Schmerzgrenze für einen neuen Tarifvertrag? Das sind Fragen, für deren Klärung jetzt Zeit da ist.
Es ist klar, dass man seine Forderungen nicht 1:1 umsetzen kann, aber wir sehen die große Gefahr, dass ein Tarifvertrag mit einer Lohnkürzung Franke und Burkhard dazu ermutigen würde, das gleiche Spiel um den Tarifvertrag in ein paar Jahren wieder abzuziehen.
Das Argument der Geschäftsführung, dass die wirtschaftliche Lage von Pflegen&Wohnen keine Wahl bei den Löhnen lässt, halten wir für fragwürdig. Das sind die gleichen Leute, die in der Vergangenheit schon gelogen haben und solange wir nicht selber Einblick in die Geschäftsbücher haben, verdienen sie unser Misstrauen. Davon aber abgesehen: Franke und Burkard brauchen eure Arbeit, um Ihre Profite zu machen, aber ihr braucht nicht Franke und Burkard um gute Pflege zu machen. Wir sollten uns nicht auf die Logik einlassen, auf unsere Löhne zu verzichten, damit die beiden Herren Profite machen, ansonsten beteiligen wir uns nur an der Lohnspirale nach unten.
Wir von der Sozialistischen Alternative wollen nicht einfach zuschauen, wie Ihr um einen Tarifvertrag kämpft und Euch damit auch gegen die allgemeinere Entwicklung hin zu unsicherer, tarifloser und schlechtbezahlter Arbeit stellt. Wir haben das Bedürfnis, Euch im Rahmen unserer Mittel zu unterstützen, auch weil unsere eigenen Arbeitsbedingungen stetig von Verschlechterungen bedroht sind. Wir wollen konkret einen kleinen Teil dazu leisten können, den Streik bekannter zu machen und darüber den öffentlichen Druck erhöhen.
Solidarische Grüße,
Sozialistische Alternative Hamburg
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