Mittwoch, 8. Februar 2012

"So ein Streik hat schon immer mehr gebracht"

Text eines Flugblatts, das beim Pflegen&Wohnen-Streik verteilt wird


Liebe Streikende,euer Streik ist großartig. Es tut gut, zu sehen, dass sich Leute gegen Lohndumping, Tarifflucht und die Gängelung durch die Arbeitgeber zur Wehr setzen.

Wenn es nach Franke und Burkard gehen würde, dann müsstet Ihr immer nur brav für wenig Geld arbeiten, ohne dass eure Meinung etwas zählt.

Eure Aktionen habt Ihr genau richtig gegen die Eigentümer gerichtet. Schließlich geht es auch darum, ob zwei Personen ihre Interessen durchsetzen auf Kosten von Euch, Euren KollegInnen und der BewohnerInnen. Es ist auch richtig, die Parteien mit der heutigen Diskussion zur Verantwortung zu ziehen, denn es war eine politische Entscheidung Pflegen&Wohnen zu privatisieren, so wie es politisch bestimmt wird, welche Rahmenbedingungen in der Pflege gelten.

Ihr könnt Euren Streik gewinnen, auch wenn Vieles auf einen langen Kampf hindeutet. Die KollegInnen bei Alpenland und bei der CFM in Berlin konnten auch trotz schwieriger Umstände Erfolge erzielen, weil sie entschlossen, ausdauernd und kreativ waren. Dabei gilt, dass auch die beste Streikleitung nicht alles alleine ausdenken und machen kann. Je mehr von Euch Ideen entwickeln und Sachen mitorganisieren, desto mehr Aktionen lassen sich machen. Es gibt bestimmt noch viele gute Vorschläge wie man Herrn Kamm das Leben schwerer machen kann, wie man schwankende KollegInnen vom Streik überzeugen könnte oder wie man noch mehr Öffentlichkeit schafft. Wir halten die Streikversammlungen, die gemeinsamen Treffen aller Streikenden an dem Streiktag aller Einrichtungen, für einen wichtigen Ort um diese Ideen auszutauschen und den Streik als gemeinsamen Streik zu führen.

Es ist klar, dass es zwei Hebel für den Erfolg gibt: Zum einen den finanziellen Schaden für Burkard und Franke durch die Arbeitsniederlegung. Es ist eine herausfordernde Diskussion, da genau abzuwägen, welche Streiktaktik zu welchem Zeitpunkt unter den konkreten Bedingungen in den Einrichtungen dafür am besten geeignet ist.

Der andere Hebel ist der öffentlichen Druck. Pflegen&Wohnen fürchtet auch den Imageschaden. Die ganze Werbekampagne um neue Auszubildende zu gewinnen, wird zu rausgeschmissenen Geld, wenn Ihr öffentlich macht, was bei Euch los ist. Und jeder potenzielle neue Bewohner und deren Angehörigen werden sich einen Einzug bei Pflegen&Wohnen doppelt überlegen, wenn Ihr Eure Arbeitsbedingungen öffentlich macht. Es gibt ein großes Solidaritätsbewusstsein unter sehr vielen Lohnabhängigen, dafür dass Eure Forderungen grundlegend gerechtfertigt sind. Wenn sich das in aktive Unterstützung umwandeln lässt, bekommen die Verantwortlichen bei Pflegen&Wohnen Angst, dass ihr Ruf ruiniert wird.

Eure Hauptforderung ist ein Tarifvertrag. Wir haben in Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass über die darin dann vereinbarten Bedingungen noch nicht abschließend diskutiert wurde. In vielen Kundgebungsbeiträgen wurde angesprochen, dass es seit Jahren keine Lohnerhöhung gab, während Lebensmittelpreise und Mieten steigen.
Sollte deswegen für einen neuen Tarifvertrag zumindest ein Lohnausgleich für die Preissteigerungen gefordert werden? Ist der Kompromiss von November die unterste Schmerzgrenze für einen neuen Tarifvertrag? Das sind Fragen, für deren Klärung jetzt Zeit da ist.
Es ist klar, dass man seine Forderungen nicht 1:1 umsetzen kann, aber wir sehen die große Gefahr, dass ein Tarifvertrag mit einer Lohnkürzung Franke und Burkhard dazu ermutigen würde, das gleiche Spiel um den Tarifvertrag in ein paar Jahren wieder abzuziehen.

Das Argument der Geschäftsführung, dass die wirtschaftliche Lage von Pflegen&Wohnen keine Wahl bei den Löhnen lässt, halten wir für fragwürdig. Das sind die gleichen Leute, die in der Vergangenheit schon gelogen haben und solange wir nicht selber Einblick in die Geschäftsbücher haben, verdienen sie unser Misstrauen. Davon aber abgesehen: Franke und Burkard brauchen eure Arbeit, um Ihre Profite zu machen, aber ihr braucht nicht Franke und Burkard um gute Pflege zu machen. Wir sollten uns nicht auf die Logik einlassen, auf unsere Löhne zu verzichten, damit die beiden Herren Profite machen, ansonsten beteiligen wir uns nur an der Lohnspirale nach unten.

Wir von der Sozialistischen Alternative wollen nicht einfach zuschauen, wie Ihr um einen Tarifvertrag kämpft und Euch damit auch gegen die allgemeinere Entwicklung hin zu unsicherer, tarifloser und schlechtbezahlter Arbeit stellt. Wir haben das Bedürfnis, Euch im Rahmen unserer Mittel zu unterstützen, auch weil unsere eigenen Arbeitsbedingungen stetig von Verschlechterungen bedroht sind. Wir wollen konkret einen kleinen Teil dazu leisten können, den Streik bekannter zu machen und darüber den öffentlichen Druck erhöhen.

Solidarische Grüße,
Sozialistische Alternative Hamburg



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