Dienstag, 15. Januar 2013

Kurdische Aktivistinnen in Paris hingerichtet - Demonstration am 11.01.13

Als Reaktion auf die gezielte Ermordung dreier kurdischer Aktivistinnen versammelten sich am Freitag gegen 14 Uhr etwa 500 bis 1000 Menschen am Hamburger Hauptbahnhof, um durch die Innenstadt zum türkischen Konsulat zu ziehen. Veranstaltet wurde die Demonstration vom Verband der Studierenden aus Kurdistan, welcher in Hamburg auch die kurdischen Filmtage organisiert. Forderungen der Demonstrant*Innen waren unter anderen die Einstellung sämtlicher Militäroperationen vor allem in Südkurdistan und eine angemessene medizinische Behandlung Abdullah Öcalans.

In Deutschland haben insgesamt weit über 3000 Aktivist*Innen gegen die Morde protestiert, davon Presseangaben zufolge über 2000 in Hannover und über 1000 in Berlin. In Frankreich, wo es eine etwa 150.000 Menschen große kurdische Minderheit gibt (in Deutschland sind es Schätzungen zufolge 500- bis 800.000), haben allein in Paris am Freitag 15.000 Menschen protestiert.

Die Leichen der kurdischen Aktivistinnen wurden in der Nacht zum Donnerstag im Kurdischen Informationszentrum in Paris aufgefunden, eine mit zwei Schusswunden am Kopf und einer am Bauch, die anderen beiden mit Schusswunden im Nacken. Bei den Hinrichtungsopfern handelt es sich unter anderem um Sakine Cansiz, Gründungsmitglied der PKK und laut Verfassungsschutz zwischen 2006 und Anfang 2007 für die Leitung des Gebiets Hamburg zuständig. Die anderen waren Fidan Dogan, Mitarbeiterin des Instituts, und Leyla Söylemez, eine junge Aktivistin.

Der türkische Ministerpräsident Erdoğan und andere Vertreter des türkischen Staates schoben schnell die Verantwortung für die Morde auf die PKK. Interne Auseinandersetzungen in der PKK hätten zu den Morden geführt und die Morde würden der PKK dienen türkische Bemühungen zu einer Lösung des Konflikts mit den Kurden zu verhindern. Zusätzlich erklärte der stellvertretende Ministerpräsident und Regierungssprecher Bülent Arinc, dass er diese "außergerichtlichen Hinrichtung" verurteilen würde. Die Türkei führe den Kampf gegen die PKK im Rahmen des Rechtsstaates.

In Wirklichkeit werden kurdische Aktivist*Innen (vor allem auch Mitglieder der Partei BDP) ohne jede demokratische oder rechtliche Legitimation durch den türkischen Staat mißhandelt und eingesperrt (siehe dazu: http://www.sozialismus.info/2012/11/kurdistan-tuerkische-armee-auf-kriegskurs/). Wahrscheinlicher sind also die Urheber diese Morde im türkischen Staatsapparat zu finden. Ob diese Verantwortlichen eine eigenmächtig handelnde Fraktion innerhalb des türkischen Staates darstellen, die die im Geheimen mit Öcalan stattfindenden Verhandlungen sabotieren wollen, oder ob es sich um eine von oben angeordnete Aktion mit anderen Motiven handelte, lässt sich zu diesen Zeitpunkt nicht klären.

Klar ist, dass die Skepsis kurdischer Aktivist*Innen berechtigt ist, ob französische Behörden willens sind, diese Morde aufzuklären. Das kurdische Informationszentrum steht unter andauernder Überwachung durch französische Geheimdienste. Wie bei den Untersuchungen der NSU-Morde in Deutschland ist zu erwarten, dass diese ähnlich hilfreich für die Aufklärung der Morde sein werden. Selbst wenn der französische Staat Beweise für die Verwicklung türkischer Geheimdienste in die Morde in den Händen hätte, heißt das noch lange nicht, dass diese veröffentlicht werden. Als Druckmittel in Verhandlungen lässt sich so etwas in der Diplomatie vortrefflich nutzen.

Deswegen ist es notwendig, dass eine unabhängige Untersuchungskommission mit den notwendigen Vollmachten die Morde aufklärt. So eine Kommission müsste ihre Arbeit der Prüfung durch die Öffentlichkeit unterziehen lassen müssen. Sie könnte sich aus direkt gewählten französischen und türkischen Gewerkschafter*Innen und kurdischen Aktivist*Innen zusammensetzen. So eine Zusammensetzung würde die beste Garantie für eine wirkliche Aufklärung der Vorkommnisse bieten.

Weitere Artikel zum Thema:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen