Solidarity
is more than Charity!
Zu
deutsch: “Solidarität ist mehr als Wohltätigkeit!“
Warum
nennen wir unsere Veranstaltung so?
In
den letzten Wochen wurden öffentlich viele Krokodilstränen über
die tausende tote Männer, Frauen und Kinder geweint, die beim
Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu fliehen, ertrunken sind
oder gerade ertrinken.
Gleichzeitig
werden zwei Meinungen gegeneinander gestellt:
„Wir
müssen helfen, wir
können uns das leisten“ heißt es auf der einen,
„Wir
können nicht die ganze Welt aufnehmen, das können wir
uns nicht leisten!“ tönt es auf der anderen Seite.
Die
Frage soll also angeblich sein: „Wollen wir
mit diesen Unglücklichen teilen, oder sind wir
selbst zu arm dran?“
Ich
frage mich dabei aber zuerst: „Wer sind zum Geier bitte WIR?“-
Und als logische Konsequenz “wer sind DIE ANDEREN?“
Bei
uns
in Deutschland besitzen laut dem DIW 1% der Bevölkerung 1/3 des
gesamten Vermögens, die reichsten 10% verfügen über 70% des
Vermögens, die „ärmsten“ 90% teilen sich dann die restlichen
30%.
Damit
liegt Deutschland im Trend:
1
% der Weltbevölkerung hält etwa 40 % des weltweiten Vermögens.
Auf
die reichsten 10 % entfallen etwa 85 % des Vermögens, während sich
die ärmsten 50 % der Weltbevölkerung weniger als 1 % des weltweiten
Vermögens teilen.
Fraglos
können wir
uns ziemlich viel leisten, wenn wir
zu dem glücklichen 1% gehören und ziemlich wenig, wenn wir
zu den ärmeren 90% gehören.
Wenn
wir
zu den reichsten 1 oder 10% gehören, ist die Wahrscheinlichkeit,
dass wir
uns eines Tages mit 500 anderen Leuten auf einem absaufenden
Seelenverkäufer vor der Küste Lampedusas wiederfinden, eher gering.
Wir
müssen wahrscheinlich auch nicht damit rechnen, dass wir
obdachlos werden, weil wir
unsere Miete nicht mehr bezahlen können, oder uns darüber Sorgen
machen, dass wir
arbeitslos werden, weil der Betrieb in dem wir
arbeiten einen Standort gefunden hat, indem die Löhne noch niedriger
sind.
Wir
haben dann wahrscheinlich auch keine Angst vor Leuten aus anderen
Ländern, denn wir
treffen uns regelmäßig mit Millionären aus dem internationalen
Jetset in Luxushotels in St. Tropez.
Unsere
Sorgen beziehen sich dann eher darauf, dass unsere Aktienpakete von
den Rüstungskonzernen Rheinmetall (BRD) oder der Tactical Missiles
Cooperation (Russisch) nicht genug Dividende abwerfen, weil zu wenige
Kriege geführt werden.
Wir
fürchten dann Mindestlöhne, Gewerkschaften und Vermögenssteuern,
ganz abgesehen von Massenprotesten und Enteignungen.
Wir
setzen deshalb unsere Lobbyisten darauf an, unsere wirtschaftlichen
Interessen gegen die, die nicht zu unserem elitären Club gehören,
durchzusetzen- oder wir kaufen
uns gleich einen Diktator mit genügend wirtschaftlichem Weitblick,
das zu tun.
Da
wir
eine verschwindend kleine Minderheit sind, kann das nur
funktionieren, wenn die anderen sich nicht gegen uns verbünden,
sonders sich untereinander streiten.
Wir
sind zwar kosmopolitisch, aber den Pöbel haben wir
deshalb trotzdem gerne rassistisch, ausländerfeindlich, sexistisch
oder von religiösem Hass auf andere verblendet.
Wenn
Ihr Euch
in diesem WIR
nicht wiederfindet, solltet ihr misstrauisch werden, wenn gefragt
wird, ob Ihr Euch
Flüchtlingsrettung leisten könnt.
Die
Brüder David und Charles Koch, Platz 19 und 20 der Forbes-Liste der
reichsten Männer der Welt, könnten mit ihren zusammen 25 Mrd. Euro
Privatvermögen die gesamte Operation Mare Nostrum 230 Jahre lang
allein finanzieren. –Kein Problem.
Die
Eigentümer großer Aktienpakete und Firmen sind gleichzeitig die,
die mit Waffenlieferungen, der Ausbeutung von Billigarbeit und
Rohstoffen in der ex-kolonialen Welt statte Gewinne machen und so von
den Krisen profitieren, die Menschen dazu bringt, aus ihrer Heimat
zu flüchten.
Sie
sind aber mit der Frage nach dem Leistenkönnen nicht gemeint.
Gemeint
sind- weltweit- die normalen Arbeiterinnen, Arbeitslosen und ihre
Familien, die den größten Teil aller Staatsausgaben finanzieren,
weil sie wie z. B. in Deutschland allein durch Lohn- und Umsatzsteuer
und Solidaritätszuschlag die Hälfte des gesamten Steueraufkommens
tragen (aber wie oben erklärt, zusammen weniger als 30% der
Vermögens besitzen).
Diese
Leute sind das WIR, von dem alle reden.
Uns
wird eingeredet, die staatlichen Mittel würden eben nur in der
zurzeit verfügbaren Höhe zur Verfügung stehen. Wenn wir etwas
davon für die bessere Versorgung von Flüchtlingen aufwenden wollen,
müssten wir eben in anderen Bereichen- z.B. bei der Bildung oder bei
Sozialleistungen- verzichten.
Die
ganz großen Zyniker schlagen vor, wir könnten ja privat einen oder
mehrer Flüchtlinge aufnehmen und versorgen, wenn es uns so schwer
fällt, ihnen bei Ersaufen zuzuschauen.
Kurz
gesagt: Wir können uns für oder gegen Charitiy- also
Almosenverteilung- entscheiden.
Eine
gerechte Gesellschaft basiert aber nicht auf Almosen, sondern darauf,
dass alle Menschen gleiche Rechte haben.
Auf
Almosen angewiesen zu sein- selbst wenn sie staatlich verwaltet
werden- ist nicht nur würdelos, sondern zwingt Menschen auch in
Abhängigkeit und Rechtlosigkeit.
Fragt
z.B. eure Groß- und Urgroßmütter, die noch eine Genehmigung ihres
Ehemannes brauchten, um Arbeiten zu gehen, wie leicht es Frauen
damals fiel, einen prügelnden Familienernährer zu verlassen oder
auch nur gegen Misshandlungen zu protestieren…
Rechtlosigkeit
und Abhängigkeit öffnen Ausbeutung und Missbrauch Tür und Tor.
- Wenn Peter A. die Möglichkeit hat, Bürgerkriegsflüchtling Aisha B. aus „Charitiy“ bei sich aufzunehmen, solange er für ihren Unterhalt aufkommt, kann das ihr Leben retten und zu einer wunderbaren Freundschaft führen. Wenn er allerdings auf die Idee kommt, sie jeden Freitagabend im Keller zu vergewaltigen, hat sie keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren, ohne befürchten zu müssen, dass sie zurück in einen Bürgerkrieg abgeschoben wird.
- Wenn die Firma Saubermann GmbH Papierlose einstellt, um Hamburger Hotels putzen zu lassen, kann sie sich darauf verlassen, dass das Wort „Mindestlohn“ in ihrer Finanzplanung keine Rolle spielt…
- Wenn der Papierlose Musa C. weder eine Arbeitserlaubnis bekommt, noch Sozialleistungen beziehen kann, bleibt ihm möglicherweise nichts anderes übrig, als für einen Hintermann, der sich nicht die Finger schmutzig machen muss, Drogen zu verkaufen oder Einbrüche auf Bestellung zu begehen.
- Wenn Familie D. weiß, dass sie bei „längerfristiger Obdachlosigkeit“ gem. § 55 II Nr. 5 AufenthG ausgewiesen werden kann, wird sie bereit sein, für das hinterletzte Drecksloch eine horrende Miete zu bezahlen. …
Obwohl persönliche Hilfsbereitschaft im
Einzelfall natürlich helfen kann, ist „Charity“ –
Wohltätigkeit- kein Ansatz, um diese Probleme zu lösen.
- Wir- also normale Leute, die ihren Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen, oder dies zumindest versuchen müssen- haben keine Vor- sondern nur Nachteile von der Ausbeutung und Abhängigkeit, der Papierlose und Flüchtlinge ausgesetzt sind. Wir müssen auch dann, wenn wir Papiere haben, mit denen konkurrieren, die schwarz arbeiten müssen usw.
- Auch unsere Freiheit wird eingeschränkt, wenn Polizei und Staat die Überwachung verstärken, um Papierlose zu jagen etc.
Wir haben daher allen Grund, keine Almosen,
sondern unsere Solidarität anzubieten.
Im Gegensatz zu „Charity“ setzt
Solidarität voraus, dass man verstanden hat, dass man innerhalb der
Gesellschaft einen gemeinsamen Gegner und gemeinsame Interessen hat.
– Dass die Mittel, die diese Gegner gegen eine andere Person oder
eine andere Gruppe einsetzt, jederzeit auch gegen einen selbst
eingesetzt werden können. – Deshalb solidarisiere ich mich mit
einer Kollegin, die ungerechtfertigt entlassen wird, selbst wenn ich
sie persönlich nicht ausstehen kann. Ich protestiere gegen ein
Demonstrationsverbot gegen eine andere linke Gruppe, auch wenn ich
deren Programm falsch finde. Ich unterstütze den Streit der GDL,
auch wenn ich zu spät nach Hause komme.
Im Bereich Migration bedeutet Solidarität
vor allem, gleiche Rechte für alle zu fordern und mit den jeweils
betroffenen dafür zu kämpfen. Das setzt immer voraus, sich mit den
Herrschenden anzulegen.
Das kann heißen, gegen die Abschiebung
eines Mitschülers zu protestieren und ihn mit allen Mittel – auch
durch verstecken etc. - zu schützen.
Es kann bedeuten, Solidaritätsstreiks mit
illegal Beschäftigten zu organisieren.
Sich als Beschäftige im Jugendamt zu
weigern, Illegale zu melden. Für Bleiberecht zu demonstrieren.
Wohnraum zu besetzen und nicht nach Papieren zu fragen, wenn jemand
einzieht. Gemeinsam mit Betroffenen Aufklärungsarbeit zu machen, im
Berieb oder an der Uni einzugreifen, wenn irgendwo rassistische
Sprüche geklopft werden. Sich bei rassistischen Polizeikontrollen
einzumischen und auch, sich Nazis auf der Straße i n den Weg zu
stellen.
Es bedeutet aber z.B. auch, das Verbot von
Waffenexporten zu fordern und wenn möglich- auch durch Streiks und
Blockaden- Waffentransporte zu verhindern.
Gewerkschaftliche Proteste und
fortschrittliche Bewegungen weltweit zu unterstützen.