Montag, 30. April 2012

Rassismus spaltet - Solidarität macht stark!


Artikel aus unserer Kampagnenzeitung gegen den Naziaufmarsch am 2. Juni
Rassistischer Aufruf zum „Tag der deutschen Zukunft“
Ein „Signal gegen Überfremdung“ soll der Naziaufmarsch am sog. „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ) sein. Demonstriert wird, so der Aufruf im Internet, um auf kriminelle „Ausländer“ hinzuweisen und „die ganze Ausländer- und Überfremdungspolitik in diesem System“ zu hinterfragen. Überfremdung, das bedeutet dem Aufruf zufolge, dass sich mittlerweile „mehr als 16 Millionen Nichtdeutsche“ in Deutschland befinden. Im Zentrum dieser Darstellung steht das abstrakte Konstrukt des „Deutschen“ als eine Eigenschaft, die der „Ausländer“ nicht hat, was ihn „fremd“ und anscheinend potentiell gefährlich macht. Was dieses „Deutsche“ konkret ausmacht und ob es überhaupt berechtigt ist, Menschen wegen ihrer Abstammung oder Nationalität einzugruppieren und zu bewerten, wird nicht hinterfragt.
Diese Gruppierung und Beschreibung von Menschen aufgrund ihrer Abstammung, nationalen Zugehörigkeit oder „Rasse“, die oft auch mit einer Wertung verbunden ist, nennt man Rassismus. Ob das positiv oder negativ gemeint ist, ob ich nun „den Afrikaner“ toll finde, weil „die ja alle den Rhythmus im Blut haben“ oder „dem Polen“ von nebenan misstraue, weil „die ja alle klauen“, das Schema bleibt das Gleiche: Ich weiß, dass jemand aus einem anderen Land kommt und belege ihn mit Eigenschaften, die ihn von mir unterscheiden, ihn mir als „Ausländer“ fremd machen.

Rassismus als gesellschaftliche „Normalität“
Rassismen dieser Art finden sich nicht nur in Nazipropaganda. Ihre Wurzeln sind viel tiefer in unserer Gesellschaft verankert. Hierbei spielen rechtspopulistische Thesen eine große Rolle, die durch der sog. gesellschaftlichen „Mitte“ zugerechneten Politiker*Innen verbreitet und aufgegriffen werden. Dies machten sich auch die Initiator*Innen des TDDZ zu Nutze und warben mit einem Sticker, auf dem Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) abgebildet war und seine Worte „Wenn das so weitergeht, gibt’s Mord und Totschlag, denn es sind zu viele Ausländer bei uns“ zitiert wurden. Genau an der Stelle, wo Rassismus in der breiten Masse ankommt, ist er besonders gefährlich. Klar, Rassismus ist ein Verbrechen, aber auch dann, wenn Rassismus nur die Akzeptanz rassistischer Strukturen bedeutet. Wenn Rassismus bedeutet, dass ich es als gegeben hinnehme, dass Flüchtlinge,
Migrant*Innen oder sog. „Illegale“ und ihre Kinder andere Rechte haben als ein Mensch mit deutschem Pass. Dass ich nicht lerne zu hinterfragen, woher sich diese Gesellschaft das Recht nimmt, diese Menschen in Schubladen einzuteilen und sie mithilfe von Gesetzen und ihrer gewalttätigen Durchsetzung anders zu behandeln als andere.

Deutschlands rassistische Ausländerpolitik
Beispiele für diese Ungleichbehandlung gibt es allein in Hamburg wie Sand am Meer. Eines davon ist die Behandlung von Flüchtlingen, deren Alter nicht geklärt ist und die angeben, dass sie minderjährig sind. Für einen minderjährigen Flüchtling ist es wichtig, seine Minderjährigkeit nachzuweisen, da er dann ein wenig mehr Rechte hat als ein erwachsener Flüchtling, wie das Recht auf Schule oder eine etwas humanere Unterbringung und Betreuung. Doch bevor er diese Rechte bekommt, muss er noch mehrere erniedrigende Befragungen in der Ausländerbehörde über sich ergehen lassen. Außerdem soll das Alter des Flüchtlings medizinisch festgestellt werden. Das bedeutet, dass er in eine Klinik gebracht und dort zwangsweise untersucht wird. Das Ergebnis dieser „Untersuchungen“, die „Fiktivsetzung“ des Alters, ist höchst fragwürdig. Sehr häufig verzichtet die Ausländerbehörde auch ganz auf eine medizinische Untersuchung und schätzt das Alter des Flüchtlings selbst ein.
Laut dem für sie zuständigen
Bundesfachverband UMF werden 56% der ankommenden unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge durch die Ausländerbehörde in Hamburg älter gemacht als sie tatsächlich sind. Und selbst wenn ein Flüchtling als minderjährig eingestuft wird, hat er immer noch nicht die Kinderrechte, die nach der UN eigentlich jedem Kind zustehen müssten. Er muss vielmehr in ständiger Angst leben, doch noch in Abschiebehaft genommen und abgeschoben zu werden und hat kein Recht auf einen gesicherten
Status in Deutschland.

Nur gemeinsam sind wir stark!
Dass all das bekannt ist, und Parteien, die eine solche Politik verfolgen, trotzdem gewählt werden, sagt eigentlich schon viel darüber aus, wie rassistisch und ignorant diese kapitalistische Gesellschaft
ist. Es fällt kaum auf, dass man mit ihnen täglich durch Medien, Politik, Bekannte und manchmal auch sich selbst konfrontiert ist. Das verwundert aber nicht, bedenkt man, dass die Drahtzieher*Innen in der kapitalistischen Gesellschaft durchaus von solchen Strukturen profitieren.
Ist eine Gesellschaft rassistisch, dann ist es leichter, uns gegeneinander auszuspielen, uns daran zu hindern, gemeinsam für unsere Interessen einzutreten und gegen unsere Unterdrückung anzukämpfen. Wurde ein Mensch durch Lagerleben, Angst vor Abschiebungen, medizinische Unterversorgung und ständige Behördengänge erstmal lang genug erniedrigt, hat er nicht mehr die Kraft, für seine Situation einzutreten. Gilt ein Mensch erstmal als „illegal“, dann ist es leicht, ihn aus Profitinteressen heraus dazu zu bringen, schwarz für einen Niedriglohn zu arbeiten, von dem er sich mit Glück gerade so vorm Verhungern retten kann. Und bringt man manche von uns auch noch dazu, gerade diesen Menschen nicht als einen von uns zu betrachten, sich ihm „fremd“ zu fühlen, obwohl wir alle mit den gleichen Problemen in unserem Umfeld, unserer Schule und unserer Arbeit zu kämpfen haben, dann wird Widerstand unmöglich für jeden von uns.
Das ist der Grund, warum jede rassistische Äußerung, egal aus welcher Ecke sie kommt, kritisiert und bekämpft werden muss. Das ist einer der Gründe, warum rassistische Propaganda in der Öffentlichkeit keinen Platz finden darf, nirgends, nie, egal von wem und auch nicht am 2. Juni. Und
darum müssen wir zusammenhalten!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen